Premierminister David Cameron hat die Tories gegen einigen innerparteilichen Widerstand dazu gebracht, sich für die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben einzusetzen
Zwar gibt sich der britische Premierminister bei Themen wie Zuwanderung oder der Europapolitik gerne reaktionär, will aber mit der Homophobie in der eigenen Partei aufräumen.
Der britische Premierminister hat am Montag in einem BBC-Interview klargestellt, dass er mit der Akzeptanz von Homosexuellen "traditionelle und moderne Werte" vereinen wolle. Im Gespräch mit dem schwulen Journalisten Evan Davis nahm er in "Newsnight" – einer Art britischer "Tagesthemen" – während des Parteitages seiner Konservativen in Birmingham zu einer Reihe von Themen Stellung.
Als Davis den Premier fragte, ob frisch verheiratete küssende Schwule in einem öffentlichen Park "süß oder ein bisschen fehl am Platz" seien, antwortete Cameron wie aus der Pistole geschossen: "Das ist in Ordnung. Ich bin bei diesem Thema sehr deutlich: Hier vereinen wir traditionelle und moderne Werte. Ich glaube an die Familie, ich glaube an die Ehe und denke, dass sie eine großartige Institution ist. Männer sollten daher einander heiraten können, ebenso wie Frauen". Daraufhin sprach er den Moderator direkt an: "Wenn ich meine Ehefrau in der Öffentlichkeit küssen darf, sehe ich nicht ein, warum es Ihnen verwehrt bleiben soll, Ihren Ehemann in der Öffentlichkeit zu küssen".
Auch wenn Cameron und seine Tory-Partei in Fragen der Homo-Rechte weiter sind als etwa die deutsche CDU/CSU, zeigte er sich in anderen Fragen erzkonservativ: So fragte der BBC-Journalist, ob ein britisches Pharmaunternehmen eher einen schlecht qualifizierten Briten oder einen hochqualifizierten EU-Ausländer einstellen solle – daraufhin antwortete Cameron nur, er wolle sicherstellen, dass das Pharmaunternehmen "gute Briten" als Arbeitnehmer erhält. Außerdem sprach sich Cameron dafür aus, dass britische Schüler die imperiale Maßeinheit mit Unzen und Pfund statt Kilogramm oder Liter lernen sollten, obwohl auch auf der Insel in den meisten Lebensbereichen bereits metrisch gemessen wird.
Youtube | Das Interview in voller Länge (Homo-Fragen bei ca. 10 Minuten)
Cameron will nicht mehr die Menschenrechtskonvention befolgen
Nach dem Interview erklärte Cameron außerdem auf dem Parteitag, er wolle im Falle seiner Wiederwahl aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten, die unter anderem Minderheiten gleiche Rechte garantiert. Damit wäre Großbritannien neben Weißrussland und dem Vatikan der dritte europäische Staat, der sich nicht an die Übereinkunft halten will.
Camerons konservative Partei galt über Jahre als äußerst homophob und hatte in den Achtzigerjahren unter Premierministerin Margaret Thatcher unter anderem Homo-"Propaganda" an Schulen verboten ("Section 28"). Erst David Cameron zwang seine Partei auf nationaler Ebene zu einem LGBT-freundlichen Kurs (queer.de berichtete). Das hielt die Tories aber nicht davon ab, auf europäischer Ebene mit Homo-Hassern zusammenzuarbeiten. So bilden die britischen Konservativen im Europaparlament eine gemeinsame Fraktion mit Rechtspopulisten wie den "Wahren Finnen", der Kaczynski-Partei "Recht und Gerechtigkeit" oder der deutschen AfD. (dk)
Was lernen wir daraus?
"Es gibt kein Wahres im Falschen."