Statt Lächeln nun "Schock und Fassungslosigkeit": Das Team von dotgay zu Besuch bei der Internetverwaltung ICANN, die die Endungen vergibt. Der Zweite von rechts ist Scott Seitz, von dem die Idee zur Bewerbung ausging (Bild: dotgay)
Die Community-Bewerbung für die Vergabe von .gay-Adressen wurde im ICANN-Prüfverfahren abgelehnt – u.a. weil das Wort "gay" die Community nicht beschreibe.
Von Stefan Mey
Die Community-Bewerbung um die Internetendung .gay hat eine Absage bekommen. In einem Prüfverfahren wurde ihr der Community-Status verwehrt. .gay wird deswegen in einer Auktion mit ungewissem Ausgang versteigert.
Nach dem Willen der Firma dotgay LLC hätte .gay keine rein kommerzielle Standardendung wie .com oder das ebenfalls geplante .lgbt werden sollen. Statt dessen sollten zwei Drittel der Gewinne über eine Stiftung an die queere Community gehen. Zudem sollte es klare Einschränkungen bei der Registrierung von Webadressen geben, so dass ein Domainerwerb nur über LGBT-Organisationen möglich wäre. Für Ihre Bewerbung bei der globalen Internetverwaltung ICANN hatte sich dotgay die Unterstützung von etwa 100 Organisationen weltweit gesichert, unter anderem vom globalen Dach-Verband ILGA (queer.de berichtete).
Gibt es mehrere Interessenten für eine Internetendung, bekommt eine Community-Bewerbung vor allen anderen Interessenten den Vortritt. Sie müssen den Community-Status allerdings erst in einem Prüfverfahren verliehen bekommen – der Community Priority Evaluation. Durchgeführt wird sie im Auftrag der ICANN von einer Tochterfirma des britischen Zeitschriftenverlags Economist. Die Entscheidung wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen, und es ist kein Widerspruch möglich. In der Prüfung müssen 14 von 16 möglichen Punkten erreicht werden.
Kritik: "gay" beschreibt die Community nicht
Kein Schirm für die gesamte Community: Moniert wurde u.a., dass das Wort "gay" nicht auf Transgender und Intersexuelle passe
Das Gremium hat der Bewerbung von dotgay nur 10 von 16 Community-Punkten zugestanden. Dass es tatsächlich eine queere Community gibt, erkannte das Gremium an und vergab vier von vier möglichen Punkten. Null von vier Punkten gab es hingegen bei der "Verbindung zwischen der Endung und der Community". Angekreidet wurde, dass das Wort gay die anvisierte Community nicht hinreichend beschreibe. So würde das Wort auf Transgender und Intersexuelle nicht passen und auch nicht auf die "Verbündeten", also LGBT-freundliche Heteros.
Bei der Vergabe-Politik von .gay-Adressen gab es volle Punktzahl, bei der Unterstütung durch die Community wiederum nur zwei von vier. So wurde unter anderem kritisiert, dass die ILGA keine anerkannte Organisation der LGBT-Community gemäß den Kriterien der ICANN sei.
Dotgay reagierte enttäuscht: "Schock und Fassungslosigkeit sind die zwei Wörter, die unsere Gefühle am besten beschreiben." Unter dem Motto #ICANNisbroken wird auf Twitter gegen die Entscheidung protestiert. Die Fundamental-Kritik an "gay" als Sammelbegriff für die Community kann dotgay nicht nachvollziehen. So verwende die Mutterfirma des Prüf-Panels, der britische Economist, genau diesen Begriff immer wieder, um verschiedene Teile der LGBT-Community zu beschreiben.
Als Konsequenz aus der Entscheidung wird es nun eine Auktion geben. Für .gay interessieren sich insgesamt vier Firmen. Nur dotgay stammt aus dem Umfeld der Community. Bei den anderen Interessenten handelt es sich um spezialisierte Firmen, die sich teilweise um Dutzende Internetendungen bewerben und dafür Dollar von Investoren eingesammelt haben. Ein Termin steht noch nicht fest.