Seine eigene Partei hat offenbar Hans-Jürgen Irmer zurückgepfiffen, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden (Bild: Wiki Commons / Martin Rulsch / CC-BY-SA-4.0)
Erst vor gut einer Woche hatte der schulpolitische Sprecher der hessischen CDU-Fraktion Homosexualität als "nicht normal" bezeichnet – nach heftiger Kritik frisst er nun Kreide.
Der hessische Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer hat "missverständliche" Äußerungen über Schwule und Lesben bedauert. Der schulpolitische Sprecher der Christdemokraten im Landtag von Wiesbaden erklärte am Montag auf der Homepage des CDU-Kreisverbandes Lahn-Dill: "Ich habe in der Vergangenheit bei schwierigen und sensiblen Themen mitunter Formulierungen gewählt, die zum Teil missverständlich waren oder so interpretiert wurden, dass Menschen sich zu Recht verletzt fühlen konnten. Dies bedaure ich sehr."
Er wolle deshalb betonen, "dass jeder Mensch das Recht auf freie Entfaltung seiner sexuellen Orientierung hat und Homosexualität in unserem Land für mich selbstverständlich zur Normalität gehört". Man dürfe "niemanden ausgrenzen", so der 62-jährige CDU-Politiker.
Vergangenen Monat hatte Irmer in der "Frankfurter Neuen Presse" angeregt, die im schwarz-grünen Koalitionsvertrag vereinbarte Verbesserung der Situation von Schwulen und Lesben in Hessen zu vertagen, weil Homosexualität "nicht normal" sei (queer.de berichtete). In seiner Erklärung betonte Irmer jetzt, dass er "uneingeschränkt" hinter dem Koalitionsvertrag von CDU und Grünen stehe. Außerdem wolle er niemanden "ausgrenzen", so der Landtagsabgeordnete.
Die Äußerungen Irmers hatten zu erheblicher Kritik geführt. Jusos, Grüne Jugend, Studentenvertreter und LGBT-Aktivisten hatten gar seinen Rücktritt gefordert (queer.de berichtete), Kritik kam aber auch aus seiner eigenen Partei.
CDU und Grüne begrüßen Erklärung Irmers
CDU-Fraktionschef Michael Boddenberg begrüßte in einer Stellungnahme die verbale Abrüstung Irmers: "Es war absolut notwendig, dass Hans-Jürgen Irmer seine Äußerungen mit der heutigen Erklärung klargestellt und ergänzt hat, weil er vielfach so verstanden wurde, dass Menschen in erheblichem Maße irritiert und enttäuscht worden sind und sich in ihrer Würde verletzt fühlten. Ich nehme diese Erklärung zur Kenntnis und akzeptiere sie", sagte Boddenberg. Er bedauerte, dass Irmer so zu Irritationen in der Koalition gesorgt hätte. Die Verärgerung bei den Grünen könne er gut nachvollziehen. Er forderte keine personelle Konsequenzen.
Der grüne Fraktionschef Mathias Wagner hofft, dass Irmer in Zukunft von menschenfeindlichen Äußerungen absieht (Bild: B90/Grüne Hessen)
Die grüne Fraktion zeigte sich erleichtert: "Die Klarstellung von Herrn Irmer war überfällig", kommentierte Fraktionschef Mathias Wagner. "Angesichts der bisherigen Erfahrungen kann er jedoch nur noch durch sein künftiges Verhalten die Glaubwürdigkeit seiner Worte unter Beweis stellen."
Bereits in der Vergangenheit hatte Irmer mit homophoben Sprüchen für Stimmung gesorgt. So hatte queer.de bereits 2004 berichtet, dass der CDU-Politiker in seiner eigenen Wahlkreiszeitung "Wetzlar Kurier" für die "Heilung" von Homosexuellen wirbt – und dass das in seiner Partei geduldet wird (queer.de berichtete). In seinem Anzeigenblatt hatte der 62-jährige Ehemann und Vater zweier Kinder auch einmal die Entlassung eines Lehrers gefordert, weil dieser ein Profil in einem Homo-Dating-Portal angelegt hatte. Außerdem ist Irmer durch andere rechtslastige Aussagen gegen Muslime und Einwanderer aufgefallen. (dk)