Im US-Kongress regieren wieder die Republikaner
Bei den Zwischenwahlen am Dienstag konnten die Republikaner die Mehrheit im Kongress erobern, zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt – LGBT-Rechte spielten anders als in den letzten Jahren im Wahlkampf kaum eine Rolle.
Von Dennis Klein
Vor zwei Jahren feierten Homo-Aktivisten noch, dass der erste Präsident, der die Ehe-Öffnung befürwortet, wiedergewählt worden ist. Zudem waren zum ersten Mal Volksentscheide zur Ehe-Öffnung in drei Bundesstaaten erfolgreich – und das nach Dutzenden Niederlagen (queer.de berichtete).
Doch heute sieht die Situation ganz anders aus: Die Beliebtheitswerte von Barack Obama sind inzwischen im Keller, so dass nicht mal mehr Parteifreunde während den Wahlen mit ihm gesichtet werden wollten. Und die Ehe-Öffnung ist nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom letzten Jahr kaum noch ein Aufregerthema für die Massen. Das führte dazu, dass dieses Jahr erstmals seit 1996 kein einziger Bundesstaat einen Volksentscheid zum Verbot oder zur Öffnung der gleichgeschlechtlichen Ehe durchführt.
In diesem Umfeld konnten die Republikaner erstmals seit den Wahlen 2004 wieder die Mehrheit in beiden Kammern des US-Parlaments erobern. Die Partei, die in den Bundesstaaten immer noch versucht, Ehe-Öffnungen zu blockieren, verteidigt deutlich ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus und kann den Demokraten den Senat abjagen. Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner laut CNN bereits 243 Sitze erobert, die Demokraten kommen auf 176. Im 100 Mitglieder zählenden Senat mussten sich 36 Parlamentarier der Wiederwahl stellen – die Republikaner konnten hier ihren Anteil von 45 auf 52 Sitze erhöhen.
Allerdings sind die Republikaner im Senat nicht mehr der homophobe Haufen, als der sie sich unter George W. Bush gaben: Mit Susan Collins aus Maine wurde erstmals ein Mitglied der Partei im Senat wiedergewählt, das die Ehe-Öffnung unterstützt. Dagegen wurde der einzige demokratische Senator, der sich gegen die Gleichstellung ausgesprochen hat, abgewählt: Mark Pryor aus dem Clinton-Staat Arkansas verlor mit 16 Prozentpunkten Rückstand gegen seinen republikanischen Widersacher.
Youtube | Carl DeMaio profiliert sich in Werbespots als "Republikaner der nächsten Generation"
Schwuler Republikaner im Repräsentantenhaus?
Carl DeMaio will als "neuer" Republikaner seine Partei vom homophoben Mief befreien
Im Repräsentantenhaus gab es einige spannende Rennen: So könnte mit dem Politikwissenschaftler Carl DeMaio erstmals ein schwuler Republikaner ins Parlament einziehen, der seine Homosexualität im Wahlkampf nicht versteckt. Der 40-Jährige frühere Stadtrat von San Diego befindet sich im 52. kalifornischen Wahlkreis in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem demokratischen Amtsinhaber Scott Peters. DeMaio liegt laut CNN hauchdünn mit 50,3 zu 49,7 Prozent vor Peters. Die Briefwahlstimmen müssen allerdings noch ausgezählt werden. Ironischerweise wurde der Demokrat, der sich für die Öffnung der Ehe und ein Antidiskriminierungsgesetz ausspricht, von der erzkonservativen "National Organization for Marriage" unterstützt, die sich dem Kampf gegen die Gleichbehandlung von Homosexuellen verschrieben hat. Grund: Die Lobbygruppe kämpft insbesondere dafür, die republikanische Partei LGBT-feindlich zu halten.
Mit Richard Tisei verfehlte in Massachusetts ein anderer schwuler Republikaner den Einzug ins Parlament.
Bei den Demokraten konnten wahrscheinlich alle sechs homo- oder bisexuellen Abgeordneten ihren Wahlkreis halten: Marc Pocan aus Wisconsin wurde mit 65 Prozent der Stimmen erneut ins Repräsentantenhaus gewählt. Auch Jared Polis, der erste schwule Vater im Kongress, konnte sich mit 55 Prozent der Stimmen in Colorado durchsetzen. Der Selfmade-Millionär ist seit 2009 im Parlament und hatte sich insbesondere für ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz und die Legalisierung von Cannabis stark gemacht.
Auch Mark Takano aus Kalifornien hat nach 2012 zum zweiten Mal den Einzug ins Parlament geschafft – mit zehn Prozent Vorsprung vor seinem republikanischen Herausforderer. Der japanischstämmige Politiker ist der erste nicht-weiße Schwule im Parlament. Weiter dabei ist auch Kyrsten Sinema aus Arizona, die erste offen bisexuelle Kongress-Abgeordnete. Auch David Cicilline wurde zum zweiten Mal in seinem Wahlkreis in Rhode Island wiedergewählt. Der schwule New Yorker Sean Patrick Maloney wurde wahrscheinlich ebenfalls wiedergewählt. Er liegt vor Auszählung der Briefwahlstimmen mit 1,6 Prozentpunkten vor seinem republikanischen Widersacher.
Zwei bekannte schwule Kandidaten verpassten den Einzug ins Parlament: Der 35-jährige Clay Aiken, der 2003 als Zweitplatzierter des Gesangswettbewerbs "American Idol" bekannt wurde, schaffte es in seinem Wahlkreis in North Carolina nur auf 41 Prozent der Stimmen. Dabei verlor er im äußerst konservativen zweiten Wahlkreis gegen die Republikanerin Renee Ellmers, die vor allem durch islamophobe Sprüche aufgefallen war und als erbitterte Gegnerin von Homo-Rechten gilt.
Gescheitert ist auch Sean Eldrige, der Ehemann von Facebook-Mitbegründer Chris Hughes. Im 19. Wahlkreis New Yorks unterlag er dem republikanischen Amtsinhaber Chris Gibson deutlich mit 35 zu 65 Prozent.
Youtube | Werbespot von Sean Eldridge
Louie Gohmert wirft Schwulen vor, die ganze Zeit nur massiert werden zu wollen. Außerdem beschuldigt er Muslimmen, die ganze Zeit nur "Terror-Babys" zu Welt bringen zu wollen.
Bei den Republikanern gibt es gute und schlechte Nachrichten: Zum einen wurden deren einzige drei Kongress-Abgeordnete, die die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben befürworten, wiedergewählt: Ileana Ros-Lehtinen aus Florida, Richard Hanna aus New York und Charlie Dent aus Pennsylvania mussten sich bei den Wahlen allerdings nicht anstrengen, da sie in sicheren republikanischen Wahlkreisen kandidierten.
Zum anderen wurden auch viele Homo-Hasser aus der Oppositionspartei bestätigt: Louis Gohmert konnte etwa seinen Wahlkreis in Texas mit 78 Prozent der Stimmen gewinnen. Gomhmert war im Wahlkampf mit absurden Äußerungen über Homosexuelle aufgefallen – so forderte er ein Verbot von Schwulen in der Armee, weil diese sich immer massieren lassen wollten (queer.de berichtete). Ebenfalls wiedergewählt wurde Steve King ("Homo-Ehe ist Sozialismus"). Auch andere homofeindliche Republikaner wie Glenn Grothman gewannen ihren Wahlkreis problemlos. Immerhin: Michele Bachmann, die schrillsten Aushängeschild der homophoben Aktivisten gilt, trat in diesem Jahr nicht mehr an.
Kein schwuler Gouverneur
Zeitgleich zur Kongresswahl fanden Kommunal- und Regionalwahlen sowie diverse Volksentscheide statt. Am kontroversten sind die Entscheidungen der Wähler von Washington D.C. und Oregon, Cannabis zu legalisieren. Aus schwul-lesbischer Sicht war die Gouverneurswahl in Maine interessant, bei der erstmals ein schwuler Politiker reelle Chancen hatte, zum Landesvater gewählt zu werden: Der frühere demokratische Kongressabgeordnete Mike Michaud, der sich vor einem Jahr als schwul geoutet hatte, scheiterte aber knapp am republikanischen Amtsinhaber Paul LePage, einem erklärten Homo-Gegner. LePage erhielt 48 Prozent der Stimmen, Michaud nur 44 Prozent. In Maine ist in diesem Fall keine Stichwahl vorgesehen.
Nun wird sich zeigen, wie der republikanische Kongress in den kommenden zwei Jahren gegen den demokratischen Präsidenten anregieren wird. Projekte wie ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz dürften in dieser Konstellation Illusion bleiben. Wirklich spannend wird es in zwei Jahren, wenn es um die Nachfolge von Barack Obama geht. Hier könnte es wieder ein Duell der Politdynastien geben: Voraussichtlich werden sich Hillary Clinton und Jeb Bush, der Bruder von George W., um das Amt bewerben. Der Wahlkampf hat bereits begonnen.
Wollen wir hoffen, dass das keine negativen Auswirkungen auf die fortschreitende Gleichstellung hat.