HIV-Zwangstests sind zwar weiterhin möglich, allerdings nur auf richterliche Anrodnung (Bild: Wheeler Cowperthwaite / flickr / by-sa 2.0)
Das Verfassungsgericht hat klargestellt, dass Polizisten niemanden ohne richterlichen Beschluss zu einem HIV-Test zwingen dürfen.
Große Teile des sachsen-anhaltinischen Polizeigesetzes verstoßen gegen die Verfassung, darunter auch ein weitreichender Zwangstest auf Krankheiten wie HIV, der ohne große Hürden angeordnet werden sollte. Das hat das Landesverfassungsgericht in Dessau-Roßlau am Dienstag entschieden. Die Richter kippten die Möglichkeit der Polizei, bei "Gefahr im Verzug" Bluttests durchführen zu lassen. Den Zwangstest darf in Zukunft nur ein Richter anordnen. Das Verfassungsgericht legte fest, dass die Landesregierung das Gesetz bis Ende 2015 ändern muss.
Das Polizeigesetz war Anfang 2013 von der Großen Koalition in Magdeburg beschlossen worden (queer.de berichtete). Es sah vor, dass Personen bei Verdacht gegen ihren Willen auf "besonders gefährliche Krankheitserreger" getestet werden können. Zunächst sollte der Polizei ausdrücklich erlaubt werden, Menschen auf HIV und Syphilis zu testen, nach Protesten der Deutschen Aids-Hilfe wurde dieser Abschnitt zwar gestrichen – in der Begründung werden diese Krankheitserreger aber erwähnt, wodurch sich in der Anwendung nichts geändert hat.
Die Deutsche Aids-Hilfe hatte kritisiert, dass ein HIV-Test gegen den Willen der zu testenden Person Körperverletzung sei – und außerdem fachlich unsinnig, weil ein Test erst drei Monate nach einem Infektionsrisiko zuverlässig anzeigt, ob jemand HIV-positiv oder -negativ ist.
Klage von Linken und Grünen
Gegen das Gesetz geklagt hatten unter anderem 37 Abgeordnete der Oppositionsparteien der Linken und Grünen. Sie hatten das Gesetz als massiven Abbau von Bürgerrechten kritisier und darauf hingewiesen, dass sogar die Bundesregierung im Jahr 2012 das geplante Gesetz als Verstoß gegen die Grundrechte bezeichnet hatte (queer.de berichtete).
Auch weitere Teile des Gesetzes sind vom Verfassungsgericht gekippt worden: Dazu zählt etwa ein Alkoholverbot auf offenen Plätzen, weil dies nicht ausreichend begründet wurde, sowie die Überwachung von verschlüsselten Internet- und Mobiltelefonaten mithilfe von Trojanern.
Während die Regierung erklärte, das Urteil würde sich nicht auf die Polizeipraxis auswirken, erklärte Oppositionsführer Wulf Gallert (Linke), er freue sich, dass ein Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall Bürgerrechte noch immer erfolgreich eingeklagt werden könnten. (dk)
Mich erinnert das Ganze in Sachsen-Anhalt ziemlich an die "Lex Gauweiler" hier in Bayern während der AIDS-Krise. Der hat ja auch Zwangstests für Schwule und Bisexuelle angeordnet, obwohl er dazu kein Recht hatte.