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- 15. November 2014 3 Min.

Şehitlik-Moschee hinter Stacheldraht: Selbst die vergleichsweise offene türkisch-islamische Gemeinde in Berlin schottet sich weiterhin ab (Bild: 30845644@N04 / flickr / by-sa 2.0)
Die Begegnung "meet2respect" hätte ein wichtiges Zeichen setzen können – nach Protesten konservativer Muslime will die DITIB-Gemeinde von der Vereinbarung aber nichts mehr wissen.
Von Micha Schulze
Am 24. November wollte Ender Çetin, der Vorstandsvorsitzende des Vereins DITIB-Şehitlik Türkisch Islamische Gemeinde zu Neukölln e.V., eine Gruppe von Lesben und Schwulen durch seine Berliner Şehitlik-Moschee führen und anschließend mit ihr zum Thema Islam und Homophobie diskutieren (queer.de berichtete). Doch daraus wird nun nichts: Die Moschee hat die gemeinsam mit dem Verein Leadership Berlin, dem Völklinger Kreis und dem Zentrum für Migranten, Lesben und Schwule (MILES) des LSVD Berlin-Brandenburg vereinbarte "meet2respect"-Begegnung wieder abgesagt.
Parallel zu einer entsprechenden Information des Imam beim Freitagsgebet hat die Moschee eine Pressemitteilung zur Absage in türkischer Sprache auf ihrer Homepage veröffentlicht. Darin wehrt sich der Verein vehement gegen die Darstellung, dass die Moschee von sich aus Lesben und Schwule eingeladen habe. Vielmehr sei der Wunsch nach einem Besuch an die Gemeinde herangetragen worden. Medien hätten dies jedoch verzerrt dargestellt.
Türkische Zeitungen übten scharfe Kritik an dem Treffen
Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung: "Um diesem Missbrauch vorzubeugen, haben wir uns entschieden, die Zusage für einen Terminwunsch am 24. November 2014 zurückzuziehen. Außerdem sind wir der Auffassung, dass wir durch die Rücknahme dieses Besuchangebots, das durch den Missbrauch eines undurchsichtigen Journalismus den Rahmen eines harmlosen, aufklärenden Besuchs überschritten hätte, eine mögliche Provokation verhindert und dadurch sicherlich dem Zusammenleben einen positiven Beitrag geleistet zu haben."
Der von Leadership Berlin angeregte Moschee-Besuch von Lesben und Schwulen hatte zuvor in türkischen Zeitungen tatsächlich einigen Wirbel hervorgerufen. So kritisierte etwas das islamistische Blatt "Yeni Akit", dass die Şehitlik-Moschee ihre Tore für "anormale Homosexuelle" öffne. Ähnlich empört berichtete die rechtskonservative Zeitung "Takvim". Nach Informationen der Boulevardzeitung "B.Z." habe sich die Türkische Gemeinde zudem bei DITIB Deutschland gegen die "meet2respect"-Begegnung ausgesprochen.
"Es ist bedauerlich, dass diese Gelegenheit zu einem Dialog nicht genutzt wird", erklärte der schwule türkischstämmige Berliner Linken-Abgeordnete Hakan Taş gegenüber queer.de. "Ein Dialog müsste unabhängig von der Auffassung der jeweiligen Religion – es ist ja nicht nur der Islam – möglich sein, um gegenseitigen Respekt zu ermöglichen."
Jörg Steinert, Geschäftsführer des LSVD Berlin-Brandenburg, setzt unterdessen weiterhin auf einen "konstruktiven Dialog" mit der türkisch-islamischen Gemeinde und spricht statt einer Absage lieber von einer "noch nicht genau terminierten Verschiebung". "Der Begegnungs-Termin in der Moschee kann leider doch nicht am 24. November realisiert werden, dieser soll aber noch im Dezember nachgeholt werden", kündigte er gegenüber queer.de an. "Wir befinden uns hierzu in einem intensiven Austausch mit dem Moscheevorstand."

Dann dürfen die jetzt auch keine Solidarität von uns erwarten...