Bodo Ramelow will als erster Politiker der Linkspartei das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen (Bild: Wiki Commons / Martina Nolte / CC-by-sa-3.0 de)
In ihrem Koalitionsvertrag versprechen Linke, SPD und Grüne, den Kampf gegen Homophobie aufzunehmen – und kündigen einen Bildungsplan nach Stuttgarter Vorbild an.
Der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag in Thüringen steht: Unter dem Motto "Thüringen gemeinsam voranbringen – demokratisch, sozial, ökologisch" kündigte die geplante erste Landesregierung unter Führung der Linkspartei auch eine Reihe von Maßnahmen für die Gleichbehandlung von Homosexuellen an. Das 106-seitige Papier wurde am Donnerstag in Erfurt vorgestellt.
Obwohl Homo-Hasser gegen Bildungspläne in Baden-Württemberg und Niedersachsen mobilisieren, will auch Rot-Rot-Grün sexuelle Vielfalt an Schulen thematisieren. Im Koalitionsvertrag heißt es: "Die Koalition wird den Thüringer Bildungsplan von null bis 18 Jahre auch unter Berücksichtigung der Gleichstellung von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität fortschreiben". Bei einer Debatte im Landtag von Thüringen hatten CDU und die (inzwischen aus dem Parlament ausgeschiedene) FDP noch Bedenken gegen die Behandlung des Themas Homosexualität an Schulen geäußert (queer.de berichtete).
Punkt 3.6 des Koalitionsvertrages enthält das Thema "Gleichstellung aller Lebensweisen". Dazu vereinbarten die drei Koalitionspartner sechs konkrete Maßnahmen, darunter die Weiterentwicklung des Landesprogramms für Akzeptanz und Vielfalt. Das Budget soll dabei um eine Million Euro aufgestockt werden. Außerdem plant die Koalition, dass "symbolisch an landeseigenen Gebäuden auf die Gleichstellung aller Lebensweisen während des jährlichen Christopher Street Days (CSD) hingewiesen" werden soll – also dass Regenbogenfahne gehisst werden. Außerdem sollen letzte Diskriminierungen von eingetragenen Lebenspartnern in der Landesgesetzgebung abgeschafft werden.
"Diskriminierungsfreier Zugang" zur Blutspende
Auf Bundesebene will sich die Landesregierung für die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben einsetzen und entsprechende Initiativen im Bundesrat unterstützen. Außerdem wird der "diskriminierungsfreier Zugang Homo- und Bisexueller zur Blutspende" und eine Rehabilitierung der Opfer der Anti-Schwulen-Paragrafen 175 (Bundesrepublik) und 151 (DDR) gefordert.
"Ich freue mich über den neuen emanzipatorischen Weg in Thüringen, der nun endlich fortwährende Diskriminierung unter der CDU‐Regierung von Lesben und Schwulen in Thüringen beendet", erklärte Ronny Pohle, der Bundessprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Queer in der Linkspartei (BAG queer). Er begrüßte auch die geplante Einführung des anonymen Krankenscheins, der für Flüchtlinge mit lebensbedrohlichen Erkrankungen, etwa HIV/Aids, "enorm wichtig" sei. "Damit wird eine zentrale Forderung der Flüchtlingsinitiativen und der Aidshilfen in Thüringen zumindest als Modellprojekt umgesetzt", so Pohle.
Noch müssen Linke und Grüne in Mitgliederentscheiden den Koalitionsvertrag absegnen, die SPD hatte bereits grünes Licht für Rot-Rot-Grün gegeben. Anschließend müssen die drei Parteien in Landesparteitagen über die Koalition entscheiden. Das gilt als Formsache.
Eine Zitterpartie wird aber wahrscheinlich die Ministerpräsidentenwahl, die für den 5. Dezember geplant ist. Dann könnte Bodo Ramelow zum ersten linken Regierungschef in Deutschland gewählt werden. Allerdings hat Rot-Rot-Grün gegenüber CDU und AfD nur eine Mehrheit von einer Stimme – und vor wenigen Jahren hatte bereits die frühere hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti erfahren müssen, dass eine Zusammenarbeit mit der SED-Nachfolgerorganisation in ihrer Fraktion nicht unumstritten ist. (dk)