In Deutschland leben rund 80.000 Menschen mit dem HI-Virus (Bild: ChiLam Ly / flickr / by 2.0)
Weltweit erinnern Aktivisten zum 27. Welt-Aids-Tag daran, dass es beim Umgang mit HIV noch Defizite gibt, auch in Deutschland.
Seit 1988 wird jedes Jahr am 1. Dezember der Welt-Aids-Tag begangen. In Deutschland wird die Kampagne "Gib Aids keine Chance" vom Bundesgesundheitsministerium gemeinsam mit Deutscher Aids-Hilfe und Deutscher Aids-Stiftung organisiert. Sie wirbt dieses Jahr dafür, Vorurteile gegenüber HIV-Positiven abzubauen. So wird etwa darauf hingewiesen, dass fast jeder zweite in Deutschland die Frage "Würdest du jemanden mit HIV küssen" mit "Nein" beantworten würde – obwohl seit Jahrzehnten bekannt ist, dass es dabei kein Übertragungsrisiko gibt.
In Deutschland gibt es zwar im Vergleich zu Nachbarländern relativ geringe Rate an Neudiagnosen, doch derartige Umfrageergebnisse zeigen, dass nach wie vor einiges im Umgang im argen liegt. Zum Welt-Aids-Tag fordern daher Aktivisten, die Defizite endlich zu beseitigen. Die Deutsche Aids-Hilfe kritisierte etwa, dass viele Arbeitgeber im Gesundheitswesen Bewerber in der Einstellungsuntersuchung auf HIV untersuchen – und dadurch Positive "unnötigerweise" wie Aussätzige behandeln. Denn die HIV-Infektion spiele im Job keine Rolle: "Ein HIV-Test bei der Einstellungsuntersuchung ist fachlich unnötig und diskriminierend. Menschen mit HIV können in jedem Beruf arbeiten und alle Tätigkeiten ausüben", so DAH-Vorstand Manuel Izdebski.
Kirchen und Staat müssen besser werden
Der Lesben- und Schwulenverband wies am Montag auf die zweifelhafte Rolle der Kirche beim Kampf gegen HIV hin: "Die Deutsche Bischofskonferenz hat betont, dass HIV/Aids auch eine Realität innerhalb der Kirche ist und der Kirche daher eine entscheidende Rolle im Kampf gegen HIV und Aids zukommt. Nimmt sie diese Rolle ernst, dann muss sie für eine Sexualmoral einstehen, die an der Realität der Menschen ansetzt und nicht an moralischen Dogmen", forderte LSVD-Sprecher Axel Blumenthal. "Eine erfolgreiche HIV-Prävention meint nicht die Propagierung von Enthaltsamkeit, sondern Aufklärung über die Übertragungswege, Zugang zu Kondomen und die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Sexualität."
Auch von staatlicher Seite droht Positiven in Deutschland nach wie vor Ungemach. So protestieren Aktivisten gegen die Praxis der Polizei in mehreren Bundesländern, HIV-Infektionen mit dem Merkmal "Ansteckungsgefahr" zu speichern (queer.de berichtete). Dazu zählt die Hauptstadt, wo sich die rot-schwarze Senatsmehrheit erst in der letzten Woche hinter diese Praxis gestellt hatte. "Wir fordern den Senat von Berlin auf: Setzen sie sich für ein Ende dieser skandalösen Praxis ein! Bekämpfen sie Aids und nicht Menschen mit HIV! Ermutigen sie zum HIV-Test und schrecken sie nicht mit Stigmatisierung ab!", erklärten die Linkspolitiker Carsten Schatz und Klaus Lederer in einer gemeinsamen Erklärung.
Thomas Birk von den Grünen ergänzte: "Anfragen haben ergeben, dass der Polizei kein Fall bekannt ist, bei dem sich Polizeikräfte im Einsatz mit HIV oder Hepatitis angesteckt hätten. Trotzdem muss jede Person mit HIV oder Hepatitis B und C, die mit der Polizei zu tun bekommt, eine Aufnahme in diese Datei befürchten." Rot-Schwarz solle endlich seine Blockade gegen eine Abschaffung dieser Praxis aufgeben.
Derzeit leben in Deutschland rund 80.000 Menschen mit dem HI-Virus, 15.000 davon in der Hauptstadt Berlin. Im vergangenen Jahr haben sich nach Angaben des Robert-Koch-Instituts 3.200 Menschen mit dem Virus infiziert. Drei Viertel davon waren Männer, die sich durch Sex mit Männern angesteckt hatten (queer.de berichtete). (dk)