Der Bundesadler durfte sich wie gewohnt bei der Frage der Gleichstellung eine emotionale Debatte anhören (Bild: Maik Meid / flickr / by-sa 2.0)
Im Bundestag stritten die Parteien über die Gleichstellung beim Zugang zur künstlichen Befruchtung – dabei erklärten CDU-Redner, dass Lebensformen außerhalb der heterosexuellen Ehe nicht gleichwertig seien.
Von Dennis Klein
Kurz vor Weihnachten debattierte der Deutsche Bundestag am Donnerstag erneut über die Benachteiligung von Homosexuellen. Dieses Mal ging es um einen Gesetzentwurf der Grünen (PDF), der Lesben sowie unverheiratete Paare beim Zugang zur künstlichen Befruchtung mit verheirateten Heterosexuellen gleichstellen sollte (queer.de berichtete). Derzeit dürfen die gesetzlichen Krankenkassen nur einen Teil der Kosten übernehmen, wenn der Ehemann seiner eigenen Frau Samen spendet. Der Zugang zur Samenbank ist auf heterosexuelle verheiratete Frauen beschränkt.
Die Grünen fordern nun, dass sich Krankenkassen sich ebenfalls an den Behandlungskosten für eine Fremdspende beteiligen und dass die Gruppe der Anspruchsberechtigten auf "verpartnerte sowie nicht formalisierte Paare" ausgeweitet wird. Bei der Bundestagsdebatte wurde deutlich, dass es bei der Umsetzung noch viele offene Detailfragen gibt.
Aus Sicht der Grünen besteht jedoch Handlungsbedarf, weil es hier um die Gleichbehandlung von verpartnerten und unverheirateten Frauen geht, die gegenüber heterosexuell verheirateten Frauen benachteiligt werden würden: "Es ist aus unserer Sicht überhaupt nicht nachvollziehbar, am Trauschein als Voraussetzung für die Kostenübernahme bei künstlichen Befruchtungen festzuhalten", erklärte Katja Dörner als erste Rednerin der Debatte. Es gebe zwar selbstverständlich "kein Recht auf ein Kind oder auf Kinder, aber aus unserer Sicht gibt es das Recht, dass niemand bei der Chance auf Elternschaft benachteiligt wird".
CDU wirft Grünen "Klientelpolitik" vor
Katja Leikert (CDU) (Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde)
Redner der Union sehen dagegen in der augenblicklichen Lage keine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Familienstandes. Sie vermuten dagegen, dass die Grünen lediglich "Klientelpolitik" machen wollten, wie die hessische CDU-Abgeordnete Katja Leikert behauptete. Außerdem müsste bei einer Fremdsamenspende das Recht des Kindes beachtet werden, Informationen über seinen Vater zu erhalten.
Allerdings garnierte Leikert ihre Rede mit eigenartigen Argumenten, mit denen sie die heterosexuelle Ehe als grundsätzlich besser und stabiler als andere Formen des Zusammenlebens beschrieb: "Ich bin schon der Meinung, dass der Gesetzgeber eine Lebensform besonders herausstellen darf, und zwar die, die die höchste Stabilität aufweist. Sie mögen das jetzt vielleicht nicht hören wollen, aber die Statistik besagt auch […]: 65 Prozent aller Ehen halten länger als 25 Jahre." Eine recht unfaire Analyse, wenn man bedenkt, dass Lebenspartnerschaften erst vor gut 13 Jahren eingeführt wurden.
Später schlug ihr Hamburger Parteifreund Marcus Weinberg in die gleiche Kerbe: "Es gibt nur eine Form von Gemeinschaft, in der Verantwortung nicht nur freiwillig übernommen wird, sondern in der es eine gesetzliche Verpflichtung mit allen daraus erwachsenden Folgewirkungen gibt, und das ist die Ehe". Eingetragene Lebenspartner haben allerdings die gleichen Pflichten wie Ehe-Leute.
SPD: "Enormer politischer Handlungsbedarf"
Mechthild Rawert (SPD) (Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde)
Die Sozialdemokraten sehen den grünen Antrag mit Wohlwollen, er sei allerdings noch keine runde Sache. So beklagte die Berliner SPD-Abgeordnete Mechthild Rawert etwa, dass die Grünen im Antrag nicht beziffern konnten, wie viel die Gesetzesänderung kosten würde. Es bestehe allerdings "enormer politischer Handlungsbedarf". Abschließend erklärte die 57-Jährige: "Mir ist bewusst, dass die Betonung einer selbstbestimmten Fortpflanzung traditionelle Werte und Vorstellungen über die Gestaltung und Bedeutung von Familie herausfordert. Aber Familie findet in Deutschland längst in bunter Vielfalt statt; und das ist auch gut so".
Die Linksfraktion stellte sich hinter den grünen Antrag, auch wenn es ein "sehr schlanker Gesetzentwurf" sei, wie Kathrin Vogler erklärte. Es sei gut, dass Ungleichbehandlung von Unverheirateten und Lesben beseitigt werde, allerdings merkte sie an, dass die auf 50 Prozent begrenzte Zuzahlung durch die Krankenkassen "ebenfalls eine Form von Diskriminierung" sei. Ihr Kollege Harald Petzold erklärte später frustriert: "Wir müssten diese Debatte hier und heute nicht führen, wenn sich der Gesetzgeber endlich entschließen würde, die Ehe für Lesben, Schwule, Transsexuelle und Intersexuelle zu öffnen oder wenigstens die Eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe gleichzustellen."
Der Antrag wurde nach der Debatte an den Gesundheitsausschuss, den Rechtsausschuss und den Familienausschuss weitergeleitet.