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  • 18. Januar 2005 21 3 Min.

Homo-Helpline bittet "nicht-deutsche" Geschäfte, homofreundliche Aufkleber anzubringen. whk: "instinktlos"

Von Norbert Blech

Das linksgerichtete wissenschaftlich-humanitäre Komitee (whk) hat dem Kölner schwulen Überfalltelefon Instinktlosigkeit und Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen. Hintergrund ist die Veröffentlichung des Anti-Gewalt-Berichts für das Jahr 2004 vor wenigen Tagen.

Unter dem Punkt "Perspektiven" heißt es da: "Da die Angst aber innerhalb der lesbisch-schwulen Community vor Migranten nach unserer subjektiven Wahrnehmung geblieben und durch Medienberichte gestiegen ist, sollten auch neue Wege der Prävention überlegt werden." Als eine Idee nennt der Report, dass "Kölner Geschäfte, die von Kölnern mit Migrationshintergrund betrieben werden, einen Aufkleber mit einem Zeichen oder Motto anbringen, der deutlich macht: 'Auch Homosexuelle sind hier willkommen.'"

Der im Vorfeld des 60. Jahrestags der Befreiung vom Faschismus "mehr als instinktlose Vorschlag, 'nicht-deutsche' Geschäfte – womit auch immer – optisch zu kennzeichnen", sei ein weiterer Beleg, "mit welch fachlich schlichten und politisch bedenklichen Strategien die auch noch mit Landesmitteln geförderte schwule Anti-Gewalt-Arbeit in Nordrhein-Westfalen operiert", so whk-Sprecher Dirk Ruder. "Wie schon das seit Jahren umstrittene Berliner Überfalltelefon 'Maneo' geht das Schwule Überfalltelefon in Köln nunmehr offenbar ebenfalls von der absurden, ja gefährlichen Vorstellung aus, dass Menschen 'mit Migrationshintergrund' oder 'nicht-deutscher Herkunft' grundsätzlich als homophob und gewalttätig anzusehen seien und diese deshalb ihre 'Schwulenfreundlichkeit' explizit und permanent öffentlich zu erklären hätten." Laut whk gebe keinen dokumentierten Fall, dass Schwule und Lesben in einem solchen Geschäft "vom Inhaber bedroht, beschimpft oder gar geschlagen worden wären".

Zu ähnlichen Bemühungen in Berlin, speziell auf Migranten zuzugehen, schreibt das Kölner Überfalltelefon im Falle einer Plakatkampagne: "Dass diese Parole gegen Homosexuellenfeindlichkeit nicht nur an die Minderheiten (mit Migrationshintergrund) am Ort gerichtet ist, versteht sich für uns von selbst. Minderheitenfeindlichkeit, gepaart mit gestiegener Aggression, ist ein gesamt-gesellschaftliches Problem." An anderer Stelle im Report heißt es: "Dass andererseits Integration auch keine Einbahnstraße sein kann, ist für uns ebenso sicher. Integration muss auch für Schwule und Lesben gelten, mit dem gleichen Respekt vor anderen Kulturen und der Offenheit gegenüber anderen Traditionen."

18. Januar 2005

Redaktionskommentar

Schluss mit der Unprofessionalität

Von Norbert Blech

Man muss wohl unterstellen, dass die Idee zur Kennzeichnung muslimischer Geschäfte gut und nicht böse gemeint gewesen war - dann muss man dem Schwulen Überfalltelefon Kölns jedoch auch Naivität unterstellen. Wer meint, solche Ideen könnten homophobe Straftaten verhindern, ist wenig realistisch. Wer angesichts der Deutschen Geschichte ernsthaft eine solche Idee vertritt, der hat wohl auch zu wenig Sozialkompetenz und Verstand, die Anliegen von Minderheiten zu vertreten, die Hintergründe von Problemen zu verstehen.

Dabei ist die Aktion nur ein weiteres Indiz für den verengten Tunnelblick der Schwulen Überfalltelefone: das Kölner mag sich zwar in seinem Jahresbericht gegen den Vorwurf des Rassismus zu verteidigen suchen, aber letztendlich scheint der Eindruck der "Experten", homophobe Gewalt sei bei "Migrationshintergrund" höher, bei der Arbeit immer eine Rolle zu spielen. Seit Jahren wird das behauptet und mit unprofessionellen, vor allem auch unzureichenden Statistiken belegt. Deutlichere Ursachen, wie beispielsweise ein Bildungs- und Armutshintergrund, kommen in den Analysen nicht vor.

Angesichts solcher unprofessioneller Unzulänglichkeiten in Reihe stellt sich ernsthaft die Frage, ob Schwule Überfalltelefone in der jetzigen Form noch benötigt werden, gar gefördert werden sollten. Solange jedoch auch die Polizei mit einer professionellen Haltung zur Szene hadert, wie es der Jahresbericht des Überfalltelefons stark andeutet, solange ist die 19228 wohl nötig.

Es bedarf jedoch der Diskussion, welche Aufgaben es sinnvoll erledigen kann. Eine Dokumentation antischwuler Gewalt stößt mangels Meldepflicht und ausreichender Hintergrundinformation an starke Grenzen - daraus auch noch Schlüsse für die Prävention zu ziehen, ist schier unmöglich. Die kritische Zusammenarbeit mit der Polizei, die Betreuung von Opfern und allgemeines politischen Lobbying beispielsweise im Bildungsbereich - hier können sich die Überfalltelefone professionalisieren, eine sinnvolle Leistung erbringen. Mit Unprofessionalität und dem Schüren von Angst vor allem vermeintlich Fremden erreicht man jedoch nichts.
-w-

#1 AnneAnonym
  • 18.01.2005, 15:54h
  • Hat "Migrationshintergrund" zwingend etwas mit muslimisch zu tun?
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#2 goatyAnonym
  • 18.01.2005, 16:07h
  • na, die vom überfalltelefon werden wohl kaum geschäfte von engländern oder amerikanern meinen, oder?
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#3 GuidoAnonym
  • 18.01.2005, 16:55h
  • Es ist bedauerlich, dass immer der Vorwurf "Rassismus" im Raum steht.
    Auch mir als politisch denkender Mann macht es Schwierigkeiten, aber es ist auch in München Fakt, dass antschwule Gewalt mehrheitlich von ausländischen Mitbürgern ausgeht. Selbst´verständlich hat das auch mit den Zukunftsperspektiven, mit sozialem Status und Bildung zu tun und darauf muss auch hingewiesen werden. Aber an den Fakten ist nichts zu ändern, so unangenehm man sich dabei auch fühlt.
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