Teilnehmer der Demo gegen Homo-"Heiler"
Am Wochenende kam es in Mailand zu Protesten gegen eine Homoheiler-Konferenz. Unterdessen soll der Bürgermeister angeklagt werden, weil er gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt hatte.
In Mailand haben am Samstag 2.000 Menschen unter dem Motto "Die einzige Krankheit ist Homophobie" gegen ein von ultrakatholischen Gruppen wie der "Alleanza Cattolica" organisiertes Seminar protestiert, auf dem unter anderem die "Heilung" von Homosexualität propagiert wurde. An der homophoben Veranstaltung nahmen mehrere hundert Menschen teil.
Die Teilnehmer der Gegen-Demo, zu der linke Parteien, Gewerkschaften und LGBT-Gruppen aufgerufen hatten, waren insbesondere empört über die Unterstützung der Homo-Gegner durch die Regionalregierung der Lombardei. Sie stellte etwa den Veranstaltungsort zur Verfügung und sponserte das Event. Die Homo-Gegner durften auch mit dem Logo der Weltausstellung 2015 werben, die von Mai bis Oktober in Mailand stattfinden wird. Auf der Gegendemo waren daher Aufrufe zu hören, die Expo 2015 zu boykottieren.
Youtube | Eindrücke von der Demo am Samstag
Regionalregierung unterstützt Homo-Gegner
Rechtspopulist Roberto Maroni war unter Ministerpräsident Berlusconi Innen- und Arbeitsminister
Regierungschef der Region ist Roberto Maroni, ein Mitglied der rechtspopulistischen Regionalpartei "Lega Nord". Er nahm als Ehrengast an der homophoben Veranstaltung teil. In einer heiß umjubelten Rede erklärte er dort, dass der Kampf gegen Homosexuelle genauso wichtig sei wie der Kampf gegen Hunger: "Das Thema der Expo ist, auf dem Planeten genügend Nahrung zur Verfügung zu stellen. Unser Thema hier ist, genügend Werte zur Verfügung zu stellen." Er kündigte an, bei der Expo ein Forum über das Thema "traditionelle Familie" einrichten zu wollen.
LGBT-Aktivisten und Politiker der Mitte-Links-Regierung kritisierten die Haltung des Regionalpräsidenten scharf. Senator Andrea Marcucci von den Sozialdemokraten sagte, dass die Regionalregierung die Weltausstellung "mit Homophobie beschmutzt" und somit der ganzen Region schade. Andere warfen Maroni vor, italien in einen Gottesstaat verwandeln zu wollen und die Weltausstellung zu einer religiösen Veranstaltung umzufunktionieren.
Staatsanwaltschaft droht LGBT-freundlichem Bürgermeister
Bürgermeister Giuliano Pisapia erhält Ärger, weil er im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen anerkennen ließ
Unterdessen bekommt der Mailänder Bürgermeister wegen seiner Unterstützung von LGBT-Rechten juristische Probleme. Giuliano Pisapia erklärte am Samstag, dass gegen ihn wegen Urkundenfälschung ermittelt werde. Pisapia hatte wie mehrere andere linksgerichtete Bürgermeister in Italien – darunter auch seine Kollegen aus Rom und Neapel – im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Eheschließungen anerkennen lassen (queer.de berichtete). Er berief sich dabei auf eine Gesetzeslücke, nach der im Ausland geschlossene Eheschließungen in Italien anerkannt werden müssten, wenn sie dort legal seien. Via Facebook zeigte er sich unbeugsam: "Das Gesetz besagt, dass wir Ehen anerkennen müssen, die rechtmäßig im Ausland geschlossen worden sind." Grund für die Ermittlungen ist offenbar der Widerstand von Innenminister Angelino Alfano, der zwar der Mitte-Links-Regierung angehört, aber eine kleine, konservative Partei anführt, die sich gegen die Gleichbehandlung ausspricht.
Der sozialdemokratische Ministerpräsident Matteo Renzi hatte vor einem halben Jahr die Einführung von eingetragenen Partnerschaften nach deutschem Vorbild angekündigt (queer.de berichtete). Noch ist aber unklar, ob er selbst für diese kleine Lösung eine Mehrheit in seiner Koalition findet. Bereits vor sechs Jahren war der damalige Ministerpräsident Romano Prodi an der Einführung der "Ehe light" gescheitert, weil eine kleine katholische Partei seine Neun-Parteien-Koalition sprengte (queer.de berichtete). (dk)