Von Storch Ende Januar bei einem Auftritt in Hamburg, bei dem sie forderte, Gender-Forschung die Finanzierung zu streichen
Bei einer Veranstaltung im Hamburger Wahlkampf gab die Europaabgeordnete der AfD offen zu, wer hinter den homophoben Protesten steckt.
Von Norbert Blech
Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch hat bei einem Wahlkampfauftritt in Hamburg erstmals klar gesagt, wer für die homophoben Proteste gegen Bildungspläne verantwortlich ist: Sie selbst.
"Sie wissen, dass es gegen diese Bildungspläne in Stuttgart große Demonstrationen gibt", sagte von Storch am 29. Januar auf eine Zuhörerfrage nach einem Vortrag über "Gender Mainstreaming". "Sie wissen vielleicht nicht, dass ich die organisiere, das läuft auch aus meinem Büro. Ich bin ja nicht nur mit der 'Alternative für Deutschand' aktiv, sondern auch mit der 'Zivilen Koalition'.
Nebenbei ließ von Storch erkennen, dass demnächst noch weitere Städte Besuch bekommen könnten: "Wir sind also verantwortlich für die Organisation dieser Demonstrationen, sowohl in Stuttgart, als auch in Hannover und demnächst auch in Schleswig-Holstein. Und Hamburg? Weiß ich nicht, ob wir das auch schon auf dem Plan haben."
Indirekte Parteiwerbung
AfD-Plakate bei der "Demo für alle" am 22. November 2014 in Hannover
Von Storch hatte bislang nie an einer "Demo für alle" teilgenommen. Organisiert wurden die Proteste offiziell von der "Initiative Familienschutz" und ihrer Frontfrau Hedwig van Beverfoerde; die Organisation ist allerdings Teil eines Thinktank-Netzwerks, zu das unter anderem auch die Portale Freie Welt und abgeordneten-check.de gehören und das vom Ehepaar von Storch verantwortet wird, das auch den Vorstand der angesprochenen "Zivilen Koalition" bildet.
Auf der letzten "Demo für alle" im November hatte das CDU-Mitglied Beverfoerde noch behauptet, dass die "Demo für alle" keine Parteiveranstaltung der AfD sei, sondern Ausdruck einer vielfältigen Bewegung (queer.de berichtete). Auf der Demo sprach allerdings eine Beisitzerin des Landesvorstands der Partei, auch wurde der Protest gegen eine angebliche "Frühsexualisierung" aus einem Ring von Menschen mit AfD-Plakaten geschützt (die Parteilogos wurden abgeklebt).
Auch bei früheren "Demos für Alle" in Stuttgart hatten AfD-Politiker gesprochen, umrundet von AfD-Plakaten. Zugleich hat die "Initiative Familienschutz" ein Protestbündnis gegen den Bildungsplan aufgebaut, das etwa auch evangelische Arbeitskreise der CDU und christliche Gruppen umfasst. In Stuttgart ließen führende Politiker von Union und FDP Grußworte verlesen, auch politisch nutzten sie den Widerstand gegen das grün-rote Vorhaben, im Unterricht über "sexuelle Vielfalt" aufzuklären.
Dennoch dürften die von der CDU so legitimierten Proteste vor allem Bewegungen rechts von ihr zugutekommen; die strategische Ausrichtung und Instrumentalisierung der Bewegung durch die Drahtzieherin von Storch war bereits vor dem Coming-out als Organisatorin der Demos erkennbar.
Sprachrohr der Wutbürger
Bei der Veranstaltung in Hamburg hatte von Storch einen halbstündigen Vortrag zum Thema "Gender Mainstreaming" gehalten; mit selektivem Zitieren und falschen Darstellungen sowie, unter Gelächter des Publikums, Homo- und Transphobie machte sie auch Stimmung gegen Aufklärung in der Schule.
Die "Junge Alternative" hatte sie und den stellvertretenden AfD-Bundessprecher und Fraktionsvorsitzenden in Brandenburg, Dr. Alexander Gauland, zu einem Talk über "Meinungsfreiheit heute – zwischen Pegida und Political Correctness" eingeladen. Von Storch reihte die Proteste gegen den Bildungsplan ein in Anti-Euro- und Anti-Islam-Bewegungen. "Es kommt etwas in Bewegung, und ich denke es ist gut, dass die AfD diese Themen aufgreift."
Die nächste "Demo für alle" ist für den 21. März in Stuttgart angekündigt (queer.de berichtete). Noch immer ist die CDU Gehilfe der Bewegung: Eine vom baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Thomas Blenke an das Innenministerium gestellte Anfrage zur Gewalt bei Protesten gegen die "Demos für Alle" wird samt Antwort derzeit auf den Seiten der Bildungsplangegner verbreitet. (nb)
Update 27.1.2016 (!), 13.30h: Video gelöscht
Ein hier ursprünglich verlinktes Video mit dem Von-Storch-Zitat wurde inzwischen gelöscht, andere Videos bieten nur ein eingekürztes Zitat, worüber sich der AfD-Experte Andreas Kemper in seinem Blog so seine Gedanken macht. Die Aktion Transsexualität und Menschenrecht, ein Verein aus Baden-Württemberg, hat das Zitat aber als Reaktion darauf als kurzen Audio-Mitschnitt (mp3, 1,2MB) veröffentlicht.
LesetippDie Friedrich-Ebert-Stiftung hat kürzlich in einem
Bericht (PDF) nachvollzogen, wie das von-Storch-Netzwerk "Zivile Koalition" in "Hetzkampagnen durchgehend als Multiplikator" aufgetreten sei. Einen besonderen Augenmerk legt Andreas Kemper auf die europäische Vernetzung der Gruppe. Er schließt daraus, dass auch "emanzipatorische Politik europaweit vernetzt" sein müsse.
Die AfD ist und bleibt stramm rechts.