Die "Ehe für Alle" könnte in der Schweiz bald Realität werden
Eine Initiative, schwulen und lesbischen Paaren die Eheschließung zu ermöglichen, nimmt die erste Hürde. Zuletzt müsste das Volk darüber abstimmen.
Auch die Schweiz könnte in den nächsten Jahren die Ehe für schwule und lesbische Paare öffnen. Die Rechtskommission des Nationalrats entschied am Freitag mit zwölf zu neun Stimmen bei einer Enthaltung, eine entsprechende Initiative der Grünliberalen anzunehmen.
Über diese "Ehe für alle", die zugleich das Institut der Lebenspartnerschaft heterosexuellen Paaren öffnen soll, muss nun die entsprechende Kommission des Ständerats abstimmen. Danach müsste das Parlament einen Entwurf erarbeiten, über den letztlich das Volk entscheiden müsste, da er den Wortlaut der Verfassung ändert. So soll es demnächst heißen: "Die gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaften stehen Paaren unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung offen."
In der Schweiz gibt es bereits seit 2007 Eingetragene Lebenspartnerschaften für schwule und lesbische Paare, die der Ehe größtenteils gleichgestellt sind, aber unter anderem kein Recht zur Adoption beinhalten. Im Juni 2005 hatten 58 Prozent der Wähler für die Einführung des Instituts gestimmt.
Kein Adoptionsrecht
Die neue Gleichstellungsinitiative gibt Homo-Paaren allerdings weiter kein Recht auf die Adoption von Kindern. Bislang ist ihnen selbst die Stiefkindadoption verwehrt.
Trotzdem wurde das Ergebnis der knappen Abstimmung begrüßt. In einer gemeinsamen Erklärung der wichtigsten LGBT-Verbände der Schweiz heißt es, die Initiative trage "einen wichtigen Schritt zur Beseitigung einer andauernden Diskriminierung bei. Die Möglichkeit eine Ehe einzugehen, wird bis heute einem Teil der Schweizer Bevölkerung verwehrt. Diese Unterscheidung entspricht weder dem heutigen liberalen Gesellschaftsbild noch ist sie mit der Schweizerischen Bundesverfassung vereinbar. Die Eheöffnung ergibt sich demnach als Konsequenz aus dem Gleichheitsgebot (Art. 8 BV) und dem Recht auf Ehe und Familie (Art. 14 BV)."
Die traditionelle Ehe werde "durch die Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare nicht abgewertet, sondern gestärkt", heißt es weiter in der Mitteilung. "Durch die Eheöffnung werden verlässliche Strukturen geschaffen, die der ganzen Gesellschaft dienen."
Die Nationalratskommission entschied am Freitag zugleich, nichteheliche Lebensgemeinschaften in der Rechtsform des Konkubinats nicht mit der Ehe gleichzustellen. Diese Paare wollten bewusst andere Regelungen etwa im finanziellen Bereich, hieß es zur Begründung.
Ehe-Öffnung in Finnland und Irland
Am Freitag hatte Finnlands Präsident Sauli Niistö ein Gesetz unterzeichnet, das die Ehe geschlechtsneutral definiert und damit das Institut gleichgeschlechtlichen Paaren öffnet (queer.de berichtete). Die Neuregelung tritt allerdings erst am 1. März 2017 in Kraft.
Am Freitag hat zugleich der irische Ministerpräsident Enda Kenny bekannt gegeben, dass die Volksabstimmung über die Öffnung der Ehe in seinem Land am 22. Mai abgehalten wird. Das Referendum ist nötig, weil damit die Verfassung geändert würde, die die Ehe als Verbindun von Mann und Frau definiert. Unabhängig von dieser Frage hat das irische Kabinett in dieser Woche einen Gesetzentwurf beschlossen, der homosexuellen und auch unverheirateten Paaren das Recht auf die Adoption von Kindern bringen würde. (nb)