Die Unterschriften sollen "in wenigen Wochen an die beiden berühmten Modeschöpfer überreicht" werden, schreibt das reaktionäre Portal
Das europaweite Petitions-Portal CitizenGo hat angeblich schon rund 115.000 Unterschriften zur "Bewahrung" der "traditionellen Familie" gesammelt.
Der Wirbel um Äußerungen der schwulen Modedesigner Stefano Gabbana und Domenico Dolce über Regenbogenfamilien reißt nicht ab. Vor rund einer Woche hatte Dolce im italienischen Magazin "Panorama" die Zeugung "synthetischer" Kinder kritisiert und sich gegen "Experimente" wie Leihmutterschaft und Samenspende ausgesprochen (queer.de berichtete). Das Magazin hatte das Paar daraufhin mit der Überschrift "Es lebe die (traditionelle) Familie" auf seinen Titel gebracht.
Die Äußerungen hatten zu zahlreichen Boykott-Aufrufen geführt, sowohl in sozialen Netzwerken als auch durch Prominente wie Elton John (queer.de berichtete). Nachdem die Designer darauf zunächst verzickt reagiert hatten (queer.de berichtete), gaben sie schließlich am Mittwoch CNN ein Interview, um die Wogen zu glätten. Dolce sagte darin, er habe seine privaten Ansichten geäußert, wolle aber niemandem vorschreiben, wie er zu leben habe (queer.de berichtete).
Doch die Geister, die der Designer rief, wird er so schnell nicht los. Nach Beifall unter anderem von Forza Italia oder von den Organisatoren der "Demo für Alle" in den letzten Tagen hat er nun auch eine vermeintlich unterstützende Online-Petition am Hals: Auf citizengo.org bedankten sich bislang knapp 115.00 Menschen für seine "Geradlinigkeit" in der "Verteidigung der Familie".
Tausendfacher Dank für "Courage" der Designer
Die in Madrid sitzende, europaweite Plattform CitizenGO hat sich in den letzten zwei Jahren mit erzkonservativen Online-Petitionen einen Namen gemacht, sie ist auch mit der "Initiative Familienschutz" aus dem Haus der AfD-Europaabgeordneten Beatrix von Storch verbunden. Mit über 100.000 Unterschriften machte man etwa Front gegen den sogenannten Lunacek-Bericht des EU-Parlaments (queer.de berichtete).
Auch gegen Homo-Rechte wurde auf der Plattform immer wieder Stimmung gemacht, aus Deutschland unterzeichneten etwa über 1.500 Personen eine Petition, die eine Werbeaktion der Stadt München für den Rabatt-Familenpass kritisiert, weil sie Regenbogenfamilien zeigt. In anderen Petitionen wurde das russische Gesetz gegen Homo-"Propaganda" oder das Verbot der Homo-Ehe in Kroatien gelobt.
In der neuen Petition, die wie die nächste "Demo für Alle" am Samstag in Stuttgart inzwischen vom Hetzportal "Politically Incorrect" beworben wird, bedanken sich die Petenten bei den Designern für die "Courage in besagtem Interview" und das "Eintreten zur Unterstützung und Verteidigung der natürlichen Familie": "Sie haben damit Prinzipien der 'political correctness', wie Leihmutterschaft oder künstliche Befruchtung, offen in Frage gestellt."
In dem in zahlreichen Sprachen vorgefertigten Schreiben heißt es weiter: "Trotz massivstem Druck und Boykottversuchen bestärke ich Sie, weiterzumachen. In der Vergangenheit haben sich manche Unternehmer aus Angst vor möglichen Konsequenzen aufgrund ihrer Aussagen bezüglich der Verteidigung der Familie entschieden, sich zu 'entschuldigen' und sich dem dominanten Diktat der politischen Korrektheit zu beugen." Die Modedesigner hätten aber keinen Grund, sich zu entschuldigen.
"Danke, dass Sie Praktiken wie In-Vitro-Fertilisation oder Leihmutterschaft eine klare Absage erteilen", endet das Schreiben. "Ihr öffentliches Zeugnis ist ein Zeichen großer Hoffnung!" Im Begleittext schreibt CitizenGo, mit der Petition setze man sich gegen eine "maschinell ablaufende Medienhysterie" und "Lobbygruppen" ein.
Protest in London
In der britischen Hauptstadt haben derweil am Donnerstag rund 100 Schwule und Lesben vor dem Geschäft von Dolce & Gabbana an der Old Bond Street demonstriert. "Hass ist nie in Mode", lautete eines der Plakate in London. "Mit Liebe erzeugt, nicht mit Mode" ein anders.
"Dolce und Gabbana verbreiten schlecht-informierte, veraltete und homophobe Vorurteile über gleichgeschlechtliche Eltern", meinte der bekannte britische LGBT-Aktivist Peter Tatchell. Sie ignorierten den Stand der Wissenschaft und das Wohl der Kinder und spielten "in die Hände des Vatikans und von Parteien am rechten Rand, die Regenbogenfamilien ablehnen."(nb)
Youtube | Kurzer Eindruck von dem Protest in London, eingefangen von den Kollegen von Gay Star News
Ich habe vor einem halben Jahr eine Petition auf CitizenGo unterschrieben, die gegen die Todesstrafe an einer pakistanischen Christin war. Zu dem Zeitpunkt war mir das Portal noch nicht bekannt, die Petition wurde mir auf Facebook geteilt. Im Laufe der Zeit erhielt ich per Mail immer mehr Anfragen, Petitionen "zum Schutz der Familie in der Slowakei" oder auch sonst wo zu unterschreiben.
Auch wenn ich glaube, dass hinter diesem Portal keine "Erzreaktionäre" (schon wieder so ein Wort, mit dem man alles missfällife diffamieren darf hier) stecken, sondern einfach nur Menschen, die mit einem anderen Weltbild noch aufgewachsen sind (das Portal hat seine Ursprünge in besonders gläubigen Teilen Spaniens), werde ich das Portal tunlichst meiden, auch wenn viele Belange von aus meiner Sicht richtigem Ansatz sind. In Sachen LGBTTIQ leider nicht und daher ein Nein zu CitizenGo.