Die Schweiz will ihr Familieinrecht ins 21. Jahrhundert führen (Bild: barockschloss / flickr / by 2.0)
Neben der Öffnung der Ehe debattiert die Schweiz nun auch über die Einführung einer Ehe-Light für alle Paare nach französischem Vorbild. Außerdem könnte der Familienstand "geschieden" abgeschafft werden.
Der Bundesrat, die schweizerische Regierung, hat am Mittwoch in Bern einen Bericht zur Modernisierung des Familienrechts vorgestellt. Darin wird unter anderem die Einführung eines Zivilpaktes vorgeschlagen, wie ihn Frankreich bereits 1999 beschlossen hatte. Der "pacte civil de solidarité" (PACS) gewährt sowohl hetero- als auch homosexuellen Paare, die nicht heiraten wollen, begrenzte Rechte beispielsweise im Krankheitsfall. In Frankreich wird er hauptsächlich von Heterosexuellen genutzt, obwohl PACS bis zur Ehe-Öffnung im Jahr 2013 die einzige Möglichkeit für Homo-Paare war, ihre Partnerschaft abzusichern.
Die sozialdemokratische Justizministerin Simonetta Sommaruga erklärte, dass es in dem Bericht darum gehe, die rechtliche Situation den gesellschaftlichen Begebenheiten anzupassen: "Die heutigen Gesetzesgrundlagen bilden die Realität nicht mehr ab", so Sommaruga nach Angaben der Nachrichtenagentur SDA in einer Pressekonferenz. Die Erfahrungen in Frankreich hätten gezeigt, dass Partnerschafte in dieser Rechtsform besser hielten als Ehen: So würden nur ein Drittel der Zivilpakte aufgelöst, aber die Hälfte der Ehen.
Eingetragene Partnerschaften aufwerten oder abschaffen?
Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) (Bild: Ständerat)
Die Regierung möchte auch die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben prüfen. Bereits im Februar hatte der Rechtsausschuss im schweizerischen Parlament eine derartige Initiative der Grünliberalen angenommen (queer.de berichtete). Im Regierungsbericht heißt es, dass entweder die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet werden könne oder Eingetragene Partnerschaften aufgewertet werden könnten, so dass der emotional aufgeladene Ehebegriff für Homo-Beziehungen vermieden werden könne. Möglich sei auch eine Öffnung der Eingetragenen Partnerschaft für Heterosexuelle. Der Bericht erkennt an, dass es durch Entwicklungen hin zur Gleichstellung in vielen Ländern einen größeren Druck auf die Ehe-Öffnung gebe.
Laut Ministerin Sommaruga könnte es dann drei Stufen für hetero- wie homosexuelle Paare geben: Die Ehe und die Eingetragenen Lebenspartnerschaften als höchste Stufe, der Zivilpakt nach französischen Vorbild als Mittelstufe sowie das "Konkubinat" – so wird in der Schweiz die "Ehe ohne Trauschein" genannt. Für Letzteres empfiehlt der Bericht des Bundesrates außer einer Härtefallregelung keine Änderungen, weil Paare, die sich bewusst gegen Ehe oder Lebenspartnerschaft entschieden hätten, so in eine rechtliche Regelung gezwungen werden würden.
Auch eine Auflösung der Eingetragenen Partnerschaften bei gleichzeitiger Öffnung der Ehe sei denkbar. Sommaruga betonte aber, dass eine Auflösung der Ehe nicht zur Debatte stünde.
Angaben zum Familienstand sollen vereinfacht werden
Die Angaben zum Zivilstand (Familienstand) sollen ebenfalls geändert werden. So solle es künftig mit "Nicht verheiratet", "Verheiratet / in eingetragener Partnerschaft" und "verwitwet" nur noch drei Bezeichnungen geben. "Ledig" und "geschieden" sollen demnach aus offiziellen Dokumenten verschwinden, ebenso wie die für Homosexuelle reservierten Angaben "gerichtlich aufgelöste Partnerschaft", "durch Tod aufgelöste Partnerschaft" und "durch Verschollenerklärung aufgelöste Partnerschaft".
Beim Thema Kindeswohl legt der Bericht der Regierung Wert darauf, dass Kinder gleich behandelt werden – und zwar unabhängig davon, in welcher Art von Familie sie aufwachsen.
Für eine Öffnung der Ehe oder die Ausweitung der Lebenspartnerschaft auf Heterosexuelle hätte das Volk in einem Referendum das letzte Wort. Zunächst muss aber das Parlament die Debatte weiterführen. Hier gibt es bereits Widerstände: In einer Pressemitteilung erklärte die christdemokratische CVP, dass die Ehe bleiben solle, "was sie gemäß bestehender und verfassungsmäßig garantierter Definition ist". Die rechtspopulistische SVP beklagte, die Initiative würde "Ehe und Familie schwächen". (dk)
"oder Eingetragene Partnerschaften aufgewertet werden könnten, so dass der emotional aufgeladene Ehebegriff für Homo-Beziehungen vermieden werden könne."
Genau da liegt der Fehler. Egal wie viel man an der Eingetragenen Partnerschaft rumdoktert; solange es ein separates Rechtsinstitut gibt, wird das immer diskriminierend bleiben.