Während LGBT-Seiten aus dem russischen Internet verschwinden, haben homophobe Seiten Hochkonjunktur: Hier fordert eine kremlnahe Jugendorganisation in sozialen Netzwerken ihre Mitglieder auf, LGBT-Seiten zu melden, damit sie verboten werden können
In Russland gilt das international hoch angesehene Projekt "Kinder 404" als eine der einzigen Anlaufstellen für LGBT-Jugendliche. Doch damit ist bald Schluss.
Ein Bezirksgericht in St. Petersburg hat entschieden, dass die Online-Beratung für LGBT-Jugendliche ein Verstoß gegen das Homo-"Propaganda"-Gesetz darstellt und die Abschaltung der Internetpräsenz und einer Seite im sozialen Netzwerk VKontakte veranlasst. Das teilte die Aktivistin Elena Klimowa am Montag mit. "Wir werden als Gruppe bald auf dem Territorium der Russischen Föderation geschlossen werden", erklärte Klimowa.
Für Montag war eine Anhörung zum Thema vorgesehen, die nach Angaben von Klimowa allerdings ausgefallen ist, weil die Richterin bereits zuvor hinter verschlossenen Türen ihre Entscheidung gefällt hatte. Die Ermittlungen gegen die LGBT-Gruppe waren von der Staatsanwaltschaft St. Petersburg auf Druck der putintreuen Jugendgruppe "Junge Garde" und der russischen Medienbehörde Roskomnadsor aufgenommen worden.
Menschenrechtler kritisieren Verfolgung von LGBT-Gruppen
Die russische Sektion der Human Rights Watch hatte im Vorfeld der Entscheidung gegen die Verfolgung von "Kinder 404" protestiert: "Es wird deutlich, dass die Behörden das diskriminierende 'Homo-Propaganda'-Gesetz nutzen, um Klimowa zu schikanieren und 'Kinder 404' mundtot zu machen'", erklärte HRW-Sprecherin Tanya Cooper.
Erst im Januar war die Gründerin des Projekts, die Journalistin Elena Klimowa, zu einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 Rubel (rund 695 Euro) verurteilt worden, weil "Kinder 404" gegen das Gesetz gegen Homo-"Propaganda" verstoßen habe (queer.de berichtete). Im März war das Urteil allerdings von einer höheren Instanz kassiert worden.
"Kinder 404" ist einer der wenigen Anlaufpunkte für junge LGBT in Russland. Eine Doku über das Projekt war im Oktober letzten Jahres beim Filmfest Hamburg als bester Film ausgezeichnet worden (queer.de berichtete). Zuvor war ein 17-Jähriger, der sich für "Kinder 404" einsetzte, für den Kinder-Friedenspreis nominiert worden (queer.de berichtete).
Der Name des Projekts ist eine Anspielung auf die Fehlermeldung von Webservern für nicht vorhandene Seiten und soll auf die Isolation der LGBT-Teenager hinweisen. Bereits im letzten Jahr hatte Klimowa gewarnt, dass die Schließung der Gruppe erhebliche Auswirkungen haben könne: "Wenn diese Gruppe geschlossen wird, verlieren die Jugendlichen ihre einzige Möglichkeit, offen über sich zu sprechen und Ratschläge zu bekommen, die ihnen helfen. Das wäre eine Katastrophe!" (dk)
www.change.org/p/deutsche-regierung-russische-botschaft-prot
estieren-gegen-die-russische-gerichtliche-anordnung-der-schl
ie%C3%9Fung-von-der-online-beratung-f%C3%BCr-lgbt
Ich würd mich freuen, wenn Ihr zahlreich mitmachen würdet.