Die Parlamentarische Versammlung des Europarates mit Sitz in Straßburg
Die parlamentarische Versammlung des Europarates fordert umfassende Maßnahmen für die Rechte und gegen die Diskriminierung von Transsexuellen und Transgendern.
Das Parlament des Europarats hat sich am Mittwoch in einer historischen Entscheidung für die Rechte von Transsexuellen und Transgendern stark gemacht. 68 Abgeordnete folgtem dem von der Sozialdemokratin Deborah Schembri aus Malta vorgelegten Bericht, 23 stimmten dagegen und zwölf enthielten sich.
In dem 15-seitigen Dokument (engl. PDF) ruft das Parlament die Mitgliedsstaaten dazu auf, dass Personen schnell und transparent eine Änderung ihres Geschlechts und Namens in amtlichen Dokumenten erlangen können, "basierend auf Selbstbestimmung" und ohne den Zwang zu medizinischen Behandlungen oder psychologischen Begutachtungen.
Auch sollten Menschen, die ihr Geschlecht anpassen, in einer bestehenden Ehe bleiben können, zumal das auch Rechte von Ehepartnern und eventuellen Kindern absichere. Regierungen sollten zudem beraten, ob sie Personen die Möglichkeit einräumen wollen, ein drittes Geschlecht in Dokumente eintragen zu lassen.
Klares Vorgehen gegen Diskriminierung und Gewalt gefordert
Die maltesische Abgeordnete Deborah Schembri während der Debatte
Für eine Geschlechtsanpassung notwendige Behandlungen wie Hormontherapie, Operationen und psychologische Begleitung sollten allen Menschen im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsdienste zustehen, fordert die Resolution. Wird die Übernahme von Kosten limitiert, müsse das rechtlich abgesichert und verhältnismäßig sein. Menschen im Gesundheits- und Sozialdienst sowie im Bildungsbereich müssten umfassend über die Thematik aufgeklärt werden. An die Öffentlichkeit seien Aufklärungskampagnen zu richten.
Das Parlament fordert zudem, in Richtlinien auf nationaler Ebene Trans-Personen nicht mehr als krank einzustufen und zugleich dennoch medizinische Behandlungen zu ermöglichen. Für entsprechende Klassifikationen auf internationaler Ebene sollten sich die Regierungen ebenfalls einsetzen. Entsprechende Diagnosen zeigten keinen Respekt vor der Menschenwürde und führten zu sozialem Ausschluss.
In nationalen Antidiskriminierungsrichtlinien sollte die Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität ausdrücklich verboten werden, fordern die Parlamentarier. Das Thema sei auch von nationalen Antidiskriminierungsbehörden sowie dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte zu berücksichtigen. Aufgrund von Gender-Identität oder aus Transphobie begangene Taten sollten als Hassverbrechen bewertet werden, die ebenso wie Fälle von Trans-Diskriminierung erfasst und ausgewertet werden sollten.
Insgesamt beklagt dass Parlament, dass Transpersonen in Europa eine Vielzahl von Diskriminierungen erfahren würden. Dass sich in Europa ein Grundrecht auf selbstbestimmte Gender-Identität mit allen Konsequenzen entwickle, sei zu begrüßen.
Mitgliedsstaaten am Zug
Die Resolution richtet sich an alle 47 Mitgliedsstaaten, darunter auch Länder wie Aserbaidschan, Russland oder die Türkei. Und Deutschland, wo vor allem das Bundesverfassungsgericht und nicht das Parlament zuletzt die Rechte von Trans-Personen ausweitete.
Die umfangreichen Maßnahmen sind nicht verbindlich, aber deutlich. Eines der Vorbilder ist Malta; das katholische Land hatte Anfang April ein neues Gesetz für Trans- und Intersexuelle beschlossen, das als eines der fortschrittlichsten der Welt gilt (queer.de berichtete).
Die am Mittwoch beschlossene Resolution des Europarats sei die erste, die "Bedürfnisse und Perspektiven von Trans-Personen in Europa in ganzem Umfang" erfasse, lobte die Organisation ILGA-Europe. Das sei ein "historischer Schritt nach vorn".
"Wir sind sehr aufgeregt über dieses umfassende Paket an Empfehlungen, da es ein klares Signal an Transpersonen sendet, dass sie mit gleichen Rechten geboren wurden", lobte auch Richard Köhler von Transgender Europe in einer Stellungnahme. "Die Resolution ist das wichtigste und weitreichendste Unterstützungs-Statement für die Rechte von Transpersonen, das je auf europäischer Ebene gemacht wurde."
Am Dienstag hatten Trans-Aktivisten aus der Ukraine, der Türkei, Irland, Frankreich und Litauen im Europarat von ihrer Situation berichtet. Die Resolution fordert die Mitgliedsstaaten auf, Transpersonen und ihre Organisationen bei allen Schritten einzubeziehen. (nb)