CDU-Fraktionsvize Stefan Evers setzt sich für eine Aufhebung der Urteile ein, muss aber noch viele Politiker im Bundestag überzeugen – insbesondere in seiner eigenen Partei. (Bild: CDU-Fraktion Berlin)
Die Berliner Stadtregierung setzt sich auf Bundesebene für eine Aufhebung der in der Bundesrepublik und der DDR gefällten "Unrechtsurteile" gegen schwule Männer ein.
Der Senat von Berlin setzt sich dafür ein, alle Urteile gegen schwule Männer aufzuheben, die nur wegen ihrer sexuellen Orientierung bestraft wurden. Am Dienstag hat die Stadtregierung eine dementsprechende Bundesratsinitiative beschlossen. Darin soll der Bund aufgefordert werden, die Urteile nach Paragraf 175 in Westdeutschland und nach Paragraf 151 in der DDR aufzuheben.
Zwischen 1945 und 1994 wurden zehntausende Männer wegen ihrer sexuellen Orientierung verurteilt. In der DDR traf es zwischen 1969 und 1989 in einer abgeschwächten Version auch lesbische Frauen.
"Der Paragraf 175 war von Anfang bis Ende ein Unrechtsparagraf. Es ist beschämend, dass die bis 1994 ergangenen Urteile bis heute nicht aufgehoben wurden", erklärte dazu CDU-Fraktionsvize Stefan Evers. "Wenn die Große Koalition in Berlin dieses Thema so beherzt und hartnäckig angeht, dann muss das auch im Bund möglich sein! Die von einigen Bundestagskollegen immer wieder vorgetragenen Bedenken entbehren nach meiner festen Überzeugung jeder rechtlichen und moralischen Grundlage."
Die schwarz-rote Koalition in Berlin hatte bereits 2012 einen ähnlichen Antrag initiiert, der auch vom Bundesrat mehrheitlich beschlossen wurde (queer.de berichtete). Allerdings hat die Bundesregierung bislang nicht gehandelt.
Bundesregierung prüft noch
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat zwar bereits vor rund einem Jahr im Interview mit queer.de versprochen, eine Aufhebung der Urteile zu prüfen. Es gibt aber noch "beachtliche verfassungsrechtliche Bedenken", wie es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes heißt (queer.de berichtete). Rechtmäßige Urteile aufzuheben, nur weil sie einer modernen Gesellschaft Jahrzehnte später rechtswidrig erscheinen, würde einen Präzedenzfall schaffen, warnen Kritiker der Initiative.
Zwar hat der Bundestag bereits 2002 gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP die Rehabilitierung von Opfern des Paragrafen 175 beschlossen, allerdings betraf das nur Urteile aus der Zeit der NS-Herrschaft. Der Lesben- und Schwulenverband kritisierte damals, dass das Parlament die Urteile nach 1945 unangetastet ließ, obwohl der Paragraf 175 in Westdeutschland noch bis 1969 in der Nazi-Fassung beibehalten wurde.
Mehrere andere Bundesländer hatten sich zuletzt für die Aufhebung der Urteile eingesetzt: So forderte Schleswig-Holstein vor gut vier Monaten die Rehabilitierung schwuler Männer und entschuldigte sich für die Verfolgung (queer.de berichtete). (dk)
Das bringt aber rein gar nichts, wenn Schwarz-Rot im Bund weiter mauert.