Das Bremer Rathaus
Während SPD und Grüne Prozente verlieren, schaffen FDP und AfD den Einzug in die Bürgerschaft. Möglich sind Rot-Grün oder eine große Koalition.
Bei der Bürgerschaftswahl am Sonntag in Bremen haben die Wähler die regierenden Parteien SPD und Grüne leicht abgestraft; sie erzielten je sechs bis sieben Prozent weniger als noch vor vier Jahren. Auch die Wahlbeteiligung sank auf rund 50 Prozent.
Laut der ersten Hochrechnung der ARD von 21.45 Uhr kommt die SPD auf 32,7 Prozent. Die CDU erzielt 22,7 Prozent und schiebt sich wieder vor die Grünen mit 15,3 Prozent. Die Linke erreicht 9,6 Prozent, die FDP 6,7 Prozent und AfD 5,0 Prozent (ZDF 5,2 Prozent).
In Sitzen hieße dies: SPD 28, Grüne 14, CDU 21, Linke 8, "Bürger in Wut" 1, FDP 6 und AfD 5. Damit hätte Rot-Grün nur eine Mehrheit von einem Sitz. Sollte die AfD den Einzug in die Bürgerschaft noch verpassen, wäre die Mehrheit größer.
Bei der letzten Bürgerschaftswahl 2011 hatte die SPD noch 38,6 Prozent erzielt, die Grünen wurden zweistärkste Partei (22,5 Prozent) vor der CDU (20,4). Ins Parlament zogen auch Linke (5,6) und "Bürger in Wut" (3,7 Prozent, aber über Fünf-Prozent-Hürde in Bremerhaven), die FDP verpasste den Einzug mit 2,4 Prozent.
Rund 490.000 Menschen waren dazu aufgerufen, die neue Besetzung der Bürgerschaft mit ganzen fünf Stimmen zu wählen. Ein endgültiges Ergebnis wird es daher erst in der Nacht (Bremerhaven) und Dienstag oder Mittwoch (Bremen) geben.
Bremen als Anwalt für LGBT-Rechte
Jens Böhrnsen (SPD) kann weiter regieren (Bild: Wiki Commons / Wilfried Wittkowsky / CC-BY-SA-3.0)
Der frühere Richter Jens Böhrnsen ist seit zehn Jahren im Amt und mit seinen 65 Jahren der dienstälteste Regierungschef der Republik. Anfang März hatte seine rot-grüne Landesregierung noch einen Aktionsplan gegen Homo-, Trans- und Interphobie vorgestellt (queer.de berichtete). Das Bundesland war das erste, das Beamte beim Familienzuschlag und der Hinterbliebenenversorgung gleichgestellt hatte, und hat sich immer wieder im Bundesrat für LGBT-Belange eingesetzt.
Die CDU hatte Elisabeth Motschmann als Spitzenkandidatin aufgestellt; in den 80ern hatte sie noch gegen eine Gleichstellung Homosexueller angekämpft, mit teils heftigen Äußerungen ("600 verschiedene Partner hat der Homosexuelle durchschnittlich in seinem Leben", ein Teil der Beziehungen entstehe dabei "auf der Toilette"). Vor zwei Jahren hat sie sich teilweise von früheren Äußerungen und Haltungen distanziert (queer.de berichtete); im gleichen Jahr zog sie über die Landesliste in den Bundestag ein.
Bei den Wahlprüfsteinen des LSVD hatte die CDU dennoch schlecht abgeschnitten, während SPD, Grüne, Linke und FDP die volle Punktzahl erreichten. Besonders schlecht schnitt die AfD ab, die sich etwa gegen Schulaufklärung über Homosexualität oder einen Einsatz des Landes für die Ehe-Öffnung für schwule und lesbische Paare stellte.
Auf Listenplatz 3 der AfD in Bremen ist Alexander Tassis angetreten; der Bundessprecher der "Homosexuellen in der AfD" hatte noch am Sonntag in einem Video versprochen, sich für Homosexuelle einzusetzen, die "nicht links denken" und gegen Gender Mainstreaming seien. Beatrix von Storch hat das Video gefallen.
Am Ergebnis der FDP sieht man wieder mal, wie kurz das Gedächtnis vieler Wähler ist.
Naja, dann haben die es auch nicht anders verdient...