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Ungeschützter Sex
USA: 60 Jahre Haft für schwulen HIV-Positiven

Michael J. wurde von einer Geschworenenjury schuldig gesprochen
- 18. Mai 2015 2 Min.
Aids-Aktivisten sind empört über das Urteil gegen einen 23-jährigen Studenten, der wegen ungeschützten Geschlechtsverkehrs bis ins Rentenalter hinter Gittern muss.
Im US-Bundesstaat Missouri ist ein 23-Jähriger zu bis zu 60 Jahren Haft verurteilt worden, weil er einen Mann wissentlich mit HIV infiziert haben soll. In vier weiteren Fällen soll Michael J. Sex mit Männern gehabt haben, ohne sie über seinen HIV-Status informiert zu haben.
J. war im Dezember 2011 positiv auf HIV getestet worden. Eine Geschworenenjury in der 30 Kilometer von St. Louis entfernten Stadt St. Charles brauchte am Donnerstag nur knapp über zwei Stunden, um den früheren Star-Ringer an der privaten Lindenwood University schuldig zu sprechen und das Strafmaß zu beschließen.
In einem weiteren Anklagepunkt, der wissentlichen Ansteckung eines anderen Mannes, wurde er freigesprochen. Dieser Mann hatte J. Vorgeworfen, ihm im Herbst 2012 angesteckt zu haben. Bei ihm wurde aber erst ein Jahr später HIV diagnostiziert.
Staatsanwalt Phil Groegnweghe erklärte, J. habe seine Infektion nicht nur verheimlicht, sondern vielmehr erklärt, dass er gesund sei. Der Angeklagte hatte aber während des Prozesses beteuert, seine Partner über seinen HIV-Status informiert zu haben. Er gab während des Prozesses zu, wenig über das Virus gewusst zu haben: "Ich wusste, dass es sich um eine sexuell übertragbare Krankheit handelt. Das ist alles", sagte er.
Ein Richter wird die nächsten Wochen noch entscheiden, ob Wentworth einen Teil seiner Strafe nicht nacheinander, sondern gleichzeitig verbüßen darf. Das würde das Strafmaß im besten Fall allerdings nur auf 30 Jahre verkürzen.
Ungeschützter Sex ist vor dem Gesetz wie Totschlag
In Missouri und in über 30 weiteren US-Bundesstaaten ist es HIV-Positiven per Gesetz ausdrücklich verboten, Sex zu haben, ohne den Partner davor über ihre Infektion aufzuklären. Die Mindesthaftstrafe in Missouri für einen Fall beträgt zehn Jahre – und liegt damit gleich hoch wie bei vollendetem Totschlag.
Mehrere LGBT- und Aids-Aktivisten zeigten sich über das Urteil geschockt und erklärten, dass diese Gesetze Positive davon abhielten, sich testen zu lassen oder Hilfe anzunehmen. Im aktuellen Verfahren wurde auch der positive HIV-Test als Beweismittel aufgeführt.
Auch in Deutschland stehen sexuell aktive HIV-Positive immer mit einem halben Fuß im Gefängnis, auch wenn das Strafmaß milder ist als in den USA: So wurde eine HIV-positive Sexarbeiterin vergangenes Jahr zu vier Jahren Haft verurteilt (queer.de berichtete). Die Deutsche Aids-Hilfe kritisiert die Kriminalisierung der (potenziellen) HIV-Übertragung als kontraproduktiv. HIV-Prävention dürfte nicht einseitig positiven Menschen aufgebürdet werden. (dk)















Trauriges Urteil und um ein vielfaches überzogene Haftstrafe.
Genauso skandalös ist in meinen Augen aber auch, dass die deutsche AIDS-Hilfe HIV-Positiven quasi einen Persilschein ausstellen will, was die Ansteckung anderer angeht. Dabei lässt sich deren Verhalten problemlos und unzweideutig unter den Tatbestand des 223, 224 STGB subsumieren. Ein HIV-Positiver, der von seiner Infektion weiß hat einen Wissensvorsprung gegenüber seinen Sexualpartnern. Ich sage nicht, dass er seinen Status dann offenlegen muss, aber zumindest sollte er dann auf die Benutzung eines Kondoms bestehen. Dazu muss man seinen Status weder offenlegen, noch wird das Bestehen auf Kondomgebrauch einem als "verheimlichte HIV-Infektion" ausgelegt. Ein Bestehen auf Kondome schließt außerdem Vorsatz und Fahrlässigkeit aus, selbst wenn das Kondom reißen sollte. In dem Fall wird man aber erwarten können, dass der Positive den anderen informiert, damit er ggf. eine PEP einleiten kann.
P.S.: Das Argument, jeder sei für sich selbst verantwortlich zieht nicht. Wer billigend die Verletzung der Gesundheit seiner Sexualpartner in Kauf nimmt begeht eine Körperverletzung. Daran ändert auch die Fahrlässigkeit des Sexualpartners nichts. Das gebietet schon das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.