Dieser Rat hatte zu einem Shitstorm in sozialen Netzwerken geführt - die Reaktion der Redaktion könnte den nächsten bedeuten
Die Zeitungsgruppe Westfalen-Blatt rechtfertigt sich, man sei bei dem Rat, Kinder von einer Homo-Hochzeit fernzuhalten, nur dem "legitimen" Anliegen der Eltern nachgekommen.
Von Norbert Blech
Nach heftiger Kritik über eine homophobe Kolumne hat die Unternehmensgruppe Westfalen-Blatt am Dienstag eine Erklärung veröffentlicht, die wohl ebenfalls noch auf Kritik stoßen wird.
Am Sonntag hatte die zu dem Bielefelder Unternehmen gehörende Zeitung "OWL am Sonntag" eine Ratgeberkolumne abgedruckt, in der ein Familienvater fragt, ob er seine Kinder mit auf die "Hochzeit" seines schwulen Bruders nehmen soll.
Die unter dem Titel "Unsere Töchter schützen" von Zeitungs-Ratgeberin Barbara Eggert veröffentlichte Antwort (in manchen Ausgaben in einer kürzeren Version unter dem Titel "Töchter schützen" erschienen) hatte es in sich: "Es muss nicht sein, sechs- und achtjährige Kinder einzuladen." Die Töchter würden "durcheinandergebracht". Der Mann solle seinem Bruder sagen, dass er nicht möchte, "dass die Kinder verwirrt werden. Ihre Töchter werden sich noch früh genug mit dem Thema Sexualität befassen".
Queer.de hatte am Montag als erstes Medium über den unsäglichen Rat berichtet, nach einiger Empörung in sozialen Medien stürzten sich am Dienstag weitere Medien auf die Zeitung.
Eine Entschuldigung, aber...
Am Dienstag Nachmittag hat nun die Zeitungsgruppe reagiert. "Sollte die Einschätzung der Diplom-Psychologin Barbara Eggert Ihre Gefühle verletzt haben, so bedauern wir das außerordentlich", schreibt Redaktionsleiter Ulrich Windolph in einer Stellungnahme. "Wir bitten dafür ausdrücklich um Entschuldigung und versichern, dass uns nichts ferner lag als das."
Man habe "Verständnis dafür", dass "der Verdacht der Homophobie entstehen konnte". Das sei "unzweifelhaft eine gravierende journalistische Fehlleistung, die die Redaktion in vollem Umfang zu verantworten hat".
"Besorgte" Eltern ernst genommen
Zugleich wies Windolph allerdings den Vorwurf der Homophobie zurück. "Wenn die Rede davon ist, dass die Kinder 'verwirrt werden' könnten, dann fehlt zwingend die Erklärung, woraus dies resultieren könnte – nämlich nicht aus dem Besuch einer Hochzeit zweier Männer an sich, sondern dadurch, dass den beiden Töchtern des Ratsuchenden bisher jegliche Aufklärung über Homosexualität fehlt."
Der Redaktionsleiter spielt dabei auf den Brief des Vaters an, der erwähnt hatte, dass die Töchter keine Ahnung über Homosexualität hätten und die Eltern eine Ehe als Verbindung von Mann und Frau ansehen würden. "Diese Entscheidung der Eltern ist sicher für sich genommen diskussionswürdig", schreibt Windolph. "Wir halten sie mit Blick auf das Alter der Töchter – die Mädchen sind acht und sechs Jahre alt – allerdings durchaus für legitim."
Die Stellungnahme lässt auch Barbara Eggert zu Wort kommen, die meint, es gehe bei ihrem Ratschlag "nicht um meine Weltanschauung oder einen gesellschaftlichen Konflikt, sondern um ein ganz privates, nicht repräsentatives Problem eines verunsicherten Vaters." Man müsse Menschen ernst nehmen und respektieren. "Gerade die, die anders denken als man selbst, alles andere würde mir intolerant erscheinen."
Die Redaktion schließt mit dem Hinweis, im vorliegenden Fall gehe es um "konkrete Lebenssituation und nicht um eine generelle Handlungsempfehlung. Diese steht uns weder zu noch würden wir sie uns anmaßen."
Damit redet die Zeitung freilich Homophobie schön und tut weiter so, als handele es sich bei der Hochzeit zweier Männer um etwas Sexuelles, das Kinder verwirren könnte. Der Gedanke, Kinder vor dem Gedanken der Liebe zweier Männer zueinander schützen zu müssen, zieht sich jedenfalls weiter durch die "Entschuldigung", etwa wenn der Redaktionsleiter das Alter der Mädchen erwähnt.
Es ist nicht davon auszugehen, dass damit die Debatte beendet ist – auch weil inzwischen die erste Beschwerde beim Presserat eingegangen ist.
Dass das Westfalen-Blatt die homophobe Kolumne gedruckt hat, ist ja schon schlimm genug, aber dass das Westfalen-Blatt jetzt im Wesentlichen die die Mitarbeiterin und deren "Meinung" auch noch verteidigt ist so widerlich.