Vor der Bundestagswahl 2009 warb die CDU mit diesem Wagen auf CSDs um Stimmen (Bild: flickr / Jörg Kanngießer / by 2.0)
CDU/CSU schließen die Reihen gegen Befürworter der Gleichstellung – selbst aus den "wilden 13" kommt die Forderung, Gegnern der Ehe-Öffnung nicht "die Pistole auf die Brust" zu setzen.
Nach der Ehe-Öffnung in Irland wächst der Druck auf die Bundesregierung, Schwule und Lesben im Ehe-Recht gleichzustellen. Grüne und Linke nehmen einen Vorschlag von Christine Lüders, der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, auf, die am Wochenende eine Bundestagsabstimmung ohne Fraktionszwang forderte (queer.de berichtete).
Die Linkspartei weist darauf hin, dass mit der SPD, die im Wahlkampf Schwulen und Lesben die 100-prozentige Gleichstellung versprochen hatte, bereits jetzt genügend Stimmen im Bundestag für die Ehe-Öffnung vorhanden seien: "Die rechnerische Mehrheit dafür wäre vorhanden", erklärte Harald Petzold, der queerpolitische Sprecher der Linksfraktion.
Gleichzeitig warnte der Grünenpolitiker Volker Beck am Dienstag im ARD-Morgenmagazin, dass der geplante Gesetzentwurf der Bundesregierung eingetragene Lebenspartner nur in 23 von 150 Bereichen, in denen Homo-Paare noch immer Benachteiligungen erfahren, gleichstellt. "Viel weniger geht wirklich nicht", so Beck.
Stefan Kaufmann will abwarten
CDU-Abgeordneter Stefan Kaufmann
Unionsabgeordnete, die eine Gleichstellung befürworten, halten sich allerdings mit ihren Forderungen auffällig zurück. Stattdessen kommt die Mahnung, die Partei nicht zu überfordern. So tingelte der schwule Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann am Dienstagmorgen durch diverse Medien, um seine Abwartehaltung zu begründen. Im Deutschlandfunk bezeichnete er den Vorschlag einer freien Abstimmung für "nicht hilfreich". Er erklärte weiter: "Weil, in einer Situation wird man die Union, wenn man da die Pistole auf die Brust setzt, auch nicht dazu bringen, jetzt hier umzustimmen".
Im Radiosender WDR 2 gab Kaufmann zwar auf Nachfragen von Moderator Tom Hegermann zu, dass es sich hier um eine Gewissensfrage handle, versteckte sich allerdings hinter Mehrheitsverhältnissen in seiner Partei: "Man kann sowas als Gewissensfrage bezeichnen, nur wird man damit keine Mehrheit finden in der Koalition", so Kaufmann.
Auch der Berliner CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak, der 2012 zu den "Wilden 13" gehört hatte, erklärte am Montag, die Öffnung der Ehe brauche in Deutschland Zeit. "Die Politik sollte aber aufpassen, dass sie von dieser oder von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht überholt wird", sagte der 39-Jährige.
Weinberg befürchtet Legalisierung von Polygamie
CDU-Abgeordneter Marcus Weinberg (Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde)
Marcus Weinberg, ebenfalls einer der "wilden 13", steht sogar mit beiden Füßen auf der Bremse: "Die Frage der Homo-Ehe ist eine hochpolitische, die wir als Union breit in CDU und CSU diskutieren müssten, wenn es Änderungsbedarf gibt", so der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". "Wir wollen nicht, dass ein wesentliches politisches Thema für die Union mitten in der Legislaturperiode komplett neu justiert wird." Im Deutschlandfunk ging er noch weiter und erklärte, dass die Ehe bei einer Gleichstellung von Schwulen und Lesben "beliebig" werde und dann zur Polygamie führe könne: "Was ist denn mit Männern […], die für mehrere Frauen sorgen könnten", so Weinberg.
Immerhin richten die innerparteilich wenig einflussreichen Lesben und Schwulen in der Union (LSU) einen Appell an die Kanzlerin, ihren Widerstand gegen die Gleichbehandlung endlich aufzugeben: "Frau Merkel braucht nicht einmal mehr voranpreschen. Sie muss nur noch auf den Zug aufspringen. Die Gefahr, rechts etwas zu verlieren, ist nicht wirklich groß", erklärte LSU-Chef Alexander Vogt gegenüber "Spiegel Online". Die LSU hatte vor ein paar Jahren die volle Gleichstellung noch abgelehnt.
Ansonsten kommt aus Unionskreisen eine Abwehrfront. Der baden-württembergische CDU-Chef Thomas Strobl kritisierte etwa in der "Frankfurter Rundschau" den Vorschlag einer freien Abstimmung, da ein Parlament berechenbar bleiben müsse und nicht mit "Zufallsmehrheiten" operieren dürfe. Dabei waren es die britischen Konservativen, die den Mut aufbrachten, durch eine freie Abstimmung die Öffnung der Ehe zu forcieren – und die Tories haben trotz Kritik vom rechten Flügel nach der Ehe-Öffnung sogar die absolute Mehrheit bei den Parlamentswahlen geholt. (dk)
wenn ein präsident und eine regierung in den usa solche vergleiche richtigerweise ziehen, warum dann niemand hier?