Abgeordnete in Landestracht vor dem Parlament Grönlands in der Hauptstadt Nuuk
Während Deutschland zögert, beschließt ein weiteres Parlament, schwulen und lesbischen Paaren die Heirat zu ermöglichen.
Von Norbert Blech
Das Parlament Grönlands hat am Dienstag ohne Gegenstimme die Öffnung der Ehe für schwule und lesbische Paare beschlossen. Das in der Innenpolitik autonom entscheidende Parlament übernimmt dazu die Regelungen Dänemarks, das Homo-Paaren bereits seit dem Sommer 2012 die Ehe ermöglicht (queer.de berichtete).
Die Öffnung der Ehe wurde mit 27 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen beschlossen und tritt zum 1. Oktober in Kraft; entsprechende Meldungen einiger internationaler LGBT-Medien wurden am Mittwoch auch von der grönländischen Presse bestätigt, die die Nachricht der Ehe-Öffnung offenbar erst nach Redaktionsschluss erreichte. Von LGBT Qaamaneq, der Homo-Organisation des Landes, liegt noch keine Stellungnahme vor; die Aktivisten hatten vorab aber die Debatte begleitet und begrüßt.
Das Gesetz bietet den Paaren auch die Möglichkeit, in Kirchen zu heiraten. Wie beim Institut der Lebenspartnerschaft, das zum 1. Oktober aufgelöst wird, ist für gleichgeschlechtliche Paare eine Stiefkindadoption vorgesehen; ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht, für das weitere Regelungen angepasst werden müssen, verzögert sich örtlichen Medienberichten zufolge.
Die Ehe-Öffnung war im Rahmen weiterer Initiativen im Familienrecht bereits für letztes Jahr geplant, war von den Abgeordneten aber versehentlich zu spät ins Parlament eingebracht worden, um noch verabschiedet zu werden. Eine erste Initiative hatte es bereits 2010 gegeben, brauchte aber rechtlich die Vorlage aus Dänemark.
Bereits Lebenspartnerschaft vor Deutschland
CSD in Nuuk, mit rund 16.200 Einwohnern größte Siedlung sowie Hauptstadt Grönlands
Homosexuelle Handlungen sind in Dänemark und damit auch in Grönland seit 1933 legal, mit einem gleichen Schutzalter wie bei Heterosexuellen seit 1977. Nachdem die Verantwortung für die Innenpolitik zwei Jahre später teilweise an das grönländische Parlament überging, dauerten weitere Neuerungen etwas länger.
So führte Grönland 1996 eingetragene Lebenspartnerschaften ein, sieben Jahre nach dem dänischen Vorbild (und immer noch fünf Jahre vor Deutschland). Das neue Institut trug den Titel "inooqatigiittut nalunaarsorsimasut" und sah bereits das Recht auf eine Stiefkindadoption vor. 2006 wurde die In-vitro-Fertilisation erlaubt, 2008 ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet. Seit 2010 findet ein jährlicher CSD in der Hauptstadt Nuuk statt.
Auf der größten Insel der Erde leben rund 56.000 Menschen; während zwölf Prozent der Einwohner europäischen Ursprungs sind, gelten 88 Prozent als Nachfahren der Kalaallit, einer Untergruppe der Inuit. Fast alle Bürger sind evangelisch.
Aber ein ums andere mal zeigen andere auch, wie rückständig Deutschland ist.
Ein Staat wie Deutschland, der einen Teil seiner Bürger grundlos diskriminiert, ist auf Dauer nicht konkurrenzfähig.