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Hauptstadt der Bewegung
Berliner Senat: Streit um Ehe für alle

Auch das Land Berlin hat eine große Koalition, die bei LGBT-Rechten gepalten ist. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wird am Freitag dennoch die Regenbogenflagge hissen - wegen Baustellen am Nollendorfplatz, nicht am Rathaus
- 03. Juni 2015 3 Min.
Während LSVD und Opposition einen Einsatz des Landes im Bundesrat fordern, lehnt die CDU das ab. Die SPD ist empört.
Streit um die Ehe-Öffnung für schwule und lesbische Paare gibt es nicht nur in der Bundesregierung. Wenn in der nächsten Woche der Bundesrat über eine Initiative zur Ehe-Öffnung mehrerer (rot-)rot-grüner Länder berät, werden sich auf Druck der Union viele Länder mit großen Koalitionen enthalten.
Am Mittwoch wurde nun auch bekannt, dass dazu wohl auch Berlin gehört. In einer Pressemitteilung kritisierte der Vorsitzende der SPD Berlin, Jan Stöß, dass CDU-Innensenator und Koalitionspartner Frank Henkel einen solchen Vorstoß ablehne.
"Die Berliner CDU zeigt einmal mehr, dass sie von einer liberalen Hauptstadtpartei Lichtjahre entfernt ist", so Stöß. "Berlin ist weltoffen, tolerant und akzeptiert ganz selbstverständlich gleiche Rechte für gleiche Liebe. Das hat die Henkel-CDU noch immer nicht begriffen. Mit ihrem Nein im Senat zu der Initiative, die die Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften voranbringen soll, zeigt die CDU, dass sie von gestern ist."
Das sei "eine traurige und engstirnige Entscheidung des kleinen Koalitionspartners", kritisierte der schwule Politiker. "Die Blockadehaltung der CDU hindert den Senat, den Antrag auf Öffnung der Ehe im Bundesrat einzubringen. Das ändert aber nichts daran: Die Berliner SPD unterstützt 100 Prozent Gleichstellung und die Öffnung der Ehe."
Druck von LSVD und Opposition
Zuvor hatte der LSVD Berlin-Brandenburg noch ein "klares Bekenntnis zur Gleichberechtigung" von der Hauptstadt gefordert. Sprecher Jörg Steinert verwies darauf, dass der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner, erst kürzlich in einem Interview mit dem Magazin "Männer" gesagt hatte": "Wenn ich sehe, dass die evangelische Kirche in Berlin und Brandenburg künftig Trauungen von homosexuellen und heterosexuellen Paaren gänzlich gleichstellt, sollte auch die Politik einen Prozess gestalten, um die bürgerliche Ehe für Schwule und Lesben zu öffnen."
Nun sei ein "klares Bekenntnis zur Gleichberechtigung" nötig, so Steinert: "Warme Worte und freundliche Unverbindlichkeiten sind zu wenig. Der Berliner Senat muss nun Farbe bekennen und im Bundesrat für die Öffnung der Ehe stimmen. Alles andere wäre ein Schlag ins Gesicht von Lesben und Schwulen."
In einer gemeinsamen Presseerklärung hatten am Morgen bereits die queerpolitischen Sprecher der drei Oppositionsparteien, Andreas Baum (Piraten), Carsten Schatz (Linke) sowie Anja Kofbinger und Thomas Birk (Grünen), einen Einsatz des Landes gefordert. Sie haben dazu einen Antrag (PDF) in das Abgeordnetenhaus eingebracht, der den Senat auffordert, eine entsprechende Initiative im Bundesrat zu unterstützen.
"Die Zeichen der Zeit stehen auf Gleichstellung", heißt es in der Erklärung. "Wir finden es wichtig, dass in der aktuellen Diskussion die aufgeklärten Stimmen von SPD und CDU, die sich in diesen Tagen besonders fleißig um die Mikrofone scharen, auch in den Ländern die Möglichkeit bekommen, sich adäquat zu äußern." Man wolle den Abgeordneten die Chance geben, "ihrem Gewissen zu folgen und sich für die Gleichstellung zu entscheiden."
Länderkammer entscheidet nächsten Freitag
Das Abgeordnetenhaus wird am Donnerstag der nächsten Woche über den Antrag entscheiden. Bereits einen Tag später befasst sich der Bundesrat mit der Initiative aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen, die inzwischen auch von weiteren Ländern wie Hamburg und Nordrhein-Westfalen unterstützt wird. Länder mit rot-grüner, rot-roter und rot-rot-grüner Landesregierung stellen im Bundesrat eine Mehrheit und werden wohl geschlossen für den Antrag stimmen.
In ihm wird die Bundesregierung aufgefordert, die Ehe zu öffnen und damit gleichgeschlechtlichen Paaren auch ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht zu geben. Die Bundesregierung kann die Aufforderung allerdings aussitzen. 2013 hatte der Bundesrat bereits eine entsprechende Initiative gleich als Gesetzesentwurf verabschiedet (queer.de berichtete).
Am letzten Samstag hatten in Berlin mehrere hundert Menschen für die Ehe-Öffnung demonstriert (queer.de berichtete).















Ähnlich ist es mit der Öffnung der Ehe. Würde sich die CDU-Berlin dafür einsetzen, gäbe es Ärger mit Merkel und der Gesamtpartei.
Henkel möchte seinen schönen, bequemen und hochbezahlten Posten als Innensenator nicht gefährden. Das merkt man immer wieder, wenn man sein Verhalten und die Interviews mit ihm verfolgt.