Im Parlament des Freistaats Sachsen wird darüber debattiert, ob Homo- und Transsexualität Thema an den Schulen wird (Bild: Unger)
Auch im Dresdner Landtag wurde über einen Bildungsplan à la Baden-Württemberg debattiert. Schwarz-Rot mauert jedoch – und ein AfD-Parlamentarier erklärte, dass ihm bei dem Thema "übel" wird.
Von Dennis Klein
Im Sächsischen Landtag ging es am Mittwochnachmittag eine knappe Stunde lang um das Thema sexuelle Vielfalt an Schulen. Die Linke hatte einen Antrag mit dem Titel "Sexualbildung in den Schulen im Freistaat Sachsen modernisieren" (PDF) eingebracht, in dem die schwarz-rote Landesregierung aufgefordert wird, sächsischen Schülern "Information und Aufklärung über die Vielförmigkeit sexuellen Lebens (LSBTI)" zukommen zu lassen.
In einer einfühlsamen Rede verglich die Abgeordnete Sarah Buddeberg (Linke) die Situation von LGBT-Minderheiten an Schulen mit dem Märchen "Das hässliche Entlein" von Hans Christian Andersen. LGBT-Schüler würden wie das Entlein ebenso "Ablehnung, psychische und physischer Gewalt" erleben. Für homosexuelle Schüler sei ja alles in der Schule hetero. "Woran soll sich ein junger Mensch orientieren?", fragte die Abgeordnete. Einzig im Zusammenhang mit Aids würde Homosexualität erwähnt – und das führe zu einer weiteren Stigmatisierung. Da eine Schulpflicht für alle bestehe, sei es auch die Pflicht der Schulen, LGBT-Schüler zu schützen.
Dabei zitierte Buddeberg Studien, nach denen Homo- und Transsexuellenfeindlichkeit an Schulen noch immer weit verbreitet seien. So zeigt etwa eine Untersuchung aus Berlin, dass homophobe Schimpfworte wie "schwule Sau" an Schulen weit verbreitet seien (queer.de berichtete).
Schwuler CDU-Abgeordneter: Antrag ist "populistisch" und "ideologisch"
Patrick Schreiber (CDU) will sich nicht dem "linken Mainstream" beugen (Bild: Steffen Prößdorf / CC BY SA 3.0)
Die CDU schickte als Reaktion ihren schwulen Abgeordneten Patrick Schreiber ins Feld, der gehörig auf die Pauke haute: Er bezeichnete den Antrag der Linken als "populistisch" und "ideologisch" und erklärte, die Oppositionspartei wolle ein Kind zwingen, "sich entscheiden zu müssen, ob es schwul oder lesbisch oder sonst irgendwas ist".
Auch ist für Schreiber offenbar Mobbing gegen LGBT in der Schule kein großes Problem: Es sei ja genauso schlimm, wenn ein Mädchen als "dumme Kuh" beschimpft werde, meinte der CDU-Abgeordnete. Oder wenn Politiker wie er vom "linken Mainstream" ständig als Nazi bezeichnet werden würden.
In dem Antrag der Linksfraktion werde auch versucht, den Unterschied von Frauen und Männern abzuschaffen, so Schreiber zur Überraschung der Antragsteller weiter. "Ich bin nicht bereit dazu, in Frage zu stellen, ob es in dieser Gesellschaft Männer und Frauen gibt", polterte der Christdemokrat – obwohl es in der Formulierung der Linken lediglich um intersexuelle Kinder geht.
Die verantwortliche Staatsministerin im Kultusministerium, Brunhild Kurth (CDU), gab sich später zurückhaltender als ihr junger Parteifreund. Das "natürliche Erziehungsrecht" liege zwar bei den Eltern, es gehöre aber auch zur Aufgabe der Schule, Geschlechtlichkeit zu thematisieren. Es sei dabei "immer darauf zu achten, dass es Jugendliche gibt, die sich physisch und psychisch nicht den weiblichen oder männlichen Kategorien zuordnen lassen", sagte die frühere Lehrerin. Der Umgang mit LGBT-Schülern erfordere von Pädagogen ein "hohes Maß an Selbstkontrolle und Sensibilität".
Gleichzeitig erklärte sie jedoch den Antrag der Linken für überflüssig, da eine Orientierungshilfe für Schulen bereits erarbeitet werde und bis Ende des Jahres fertiggestellt sein würde.
Linke und Grüne: Es muss mal was passieren
Cornelia Falken (Linke) glaubt nicht, dass die Regierung ohne Druck der Opposition etwas für LGBT-Schüler tut (Bild: Sven Teschke / CC BY 3.0)
Das bezweifelten die Oppositionsparteien Linke und Grüne jedoch. Es gebe noch immer "keinen klaren Zeitplan", beklagte Eva Jähnigen (Grüne). Und Cornelia Falken (Linke) erklärte, dass in den letzten Jahren in Sachsen trotz Initiativen der Opposition "gar nichts passiert" sei. "Wenn wir nicht den Antrag gestellt hätten, dann würden wir heute noch nicht wissen, wann wir den neuen Orientierungsrahmen sehen", so Falken.
Während die als Juniorpartner der CDU mitregierende SPD zur Debatte nichts beitrug – eine Rednerin wies die Linke lediglich darauf hin, dass es keinen Sinn mache, immer wieder den gleichen Antrag zum Thema einzubringen – waren die Rechtspopulisten der AfD in ihrem Element: Die Abgeordnete Andrea Kersten erklärte triumphierend, dass die Zustimmung in ihrer Partei "gegen Null" tendiere und beklagte, dass durch das ständige Gerede über Homosexualität "Heterosexualität immer mehr in den Hintergrund" rücke.
Später polterte ihr Parteifreund Detlev Spangenberg, dass er als Schüler das Thema an Schulen nicht habe erleben wollen: "Mir wär's übel geworden". Außerdem würden die linken Abgeordneten "nichts von Kindern" verstehen. Das Wort "schwule Sau" ist für ihn dagegen kein Problem, da Kinder ohnehin nicht wüssten, was sie sagten. Dazu führte er einen Vergleich an: "Es gibt zur Zeit den Modebegriff: Das ist geil", so Spangenberg aufgeregt. "Der Begriff ist 'ne Katastrophe und keiner weiß, was es heißt". Bereits im Vorfeld hatte die AfD vor "Schwul-Unterricht" gewarnt (queer.de berichtete).
Am Ende lehnten CDU, SPD und AfD den Antrag der Linken ab.