Jeb Bush hat an einer Volkshochschule in Miami erstmals offiziell erklärt, dass er sich um das Amt des amerikanischen Präsidenten bewerben werde
Nach Hillary Clinton hat nun auch Jeb Bush seinen Hut in den Ring geworfen. Beim Thema LGBT-Rechte sind die Unterschiede gegenwärtig sehr deutlich.
Von Dennis Klein
Jeb Bush hat am Montag in Miami angekündigt, was ohnehin jeder wusste: Der 62-Jährige will als dritter Bush in den letzten drei Jahrzehnten amerikanischer Präsident werden. "Unser Land ist auf dem falschen Weg", sagte Bush bei seiner Rede in Miami vor einem aus Parteisanhängern bestehenden, gewohnt begeisterungsfähigem Publikum. "Und wir müssen uns entscheiden, was wir tun werden. Ich muss mich entscheiden, was ich tun werde. Also hab ich mich entschieden: Ich bin ein Kandidat für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten von Amerika." Er forderte ein außenpolitisch starkes Amerika mit einem größeren Militär, einem höherem Wachstum und weniger Steuern.
In seiner Rede ging "Bush 3" nur am Rande auf LGBT-Themen ein. Er kritisierte Hillary Clinton dafür, dass sie "Gesetze zur Religionsfreiheit" ablehne. Er bezog sich dabei unter anderem auf teilweise an Protesten gescheiterte Gesetzentwürfe in US-Bundesstaaten, die es religiösen Menschen erlauben sollten, Homosexuelle zu diskriminieren (queer.de berichtete).
Im Vergleich zu anderen Republikanern hält sich Jeb Bush zu LGBT-Fragen im Wahlkampf allerdings bislang zurück. In der Vergangenheit war er weniger zimperlich: Als Gouverneur hatte er das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben in der Regionalverfassung von Florida festschreiben lassen und auch rhetorisch ausgeteilt: So bezeichnete er einen Diskriminierungsschutz von LGBT als "Sonderrecht". Zuvor hatte er bereits ausgeschlossen, dass Menschen, die "Unzucht" betrieben, genauso vor Diskriminierung geschützt werden müssten wie Schwarze oder andere Minderheiten.
Schwuler ist Jeb Bushs Chefberater
Hillary Clinton gilt als gesetzt auf der Seite der Demokraten
Derzeit präsentiert sich Bush aber – wie 1999/2000 sein Bruder George W. – als moderater Republikaner. Zudem hat sich der 62-Jährige mit Tim Miller einen der prominentesten schwulen Republikaner als Chef-Berater ausgewählt. Allerdings hatte auch sein Bruder während seiner Präsidentschaft nichts für LGBT-Rechte getan – und konnte sich 2004 mit einem sehr homophoben Wahlkampf die Wiederwahl sichern. Damals warb Bush unter anderem dafür, das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben in der US-Verfassung zu verankern (queer.de berichtete).
Zwar gilt Jeb Bush als Favorit, allerdings ist sein Sieg im unvorhersehbaren US-Wahlzirkus noch keinesfalls gesichert. Insgesamt haben elf Republikaner ihre Kandidatur angekündigt. Fast alle von ihnen haben im Wahlkampf erklärt, dass sie LGBT-Rechte zurückdrängen wollen. Nur der früherer New Yorker Gouverneur George Pataki gilt als LGBT-freundlich und hat während seiner Amtszeit ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz unterzeichnet – die landesweite Ehe-Öffnung lehnt aber auch er ab. Dem 69-Jährigen werden ohnehin wenig Chancen eingeräumt, da er in vielen gesellschaftlichen Fragen als zu links gilt, um die meist äußerst konservativen Teilnehmer der Vorwahlen zufrieden zu stellen – etwa bei den für die republikanische Basis wichtigen Themen Umweltschutz oder Abtreibung.
Neben Bush gelten als weitere Favoriten auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur Senator Marco Rubio aus Florida, Gouverneur Scott Walker aus Wisconsin und Senator Rand Paul aus Kentucky. Alle drei haben bereits im Wahlkampf deutlich gemacht, dass sie wenig von Schwulen und Lesben halten: Rubio warf etwa Regenbogenfamilien vor, "soziale Experimente" mit Kindern durchzuführen. Walker, der sich als Gouverneur vor allem mit der Zerschlagung von Gewerkschaften beschäftigt hat, kämpft für eine Änderung der US-Verfassung, damit er in seinem Heimatstaat Schwulen und Lesben die Ehe wieder verbieten darf. Und Rand Paul, der Sohn des Ex-Präsidentschaftskandidaten Ron Paul, gibt sich zwar libertär bei praktisch allen Fragen – nur wenn es um Homosexuelle geht, ist er für Verbote. So erklärte er unlängst in einem Interview, dass es für ihn "beleidigend" sei, wenn Schwule und Lesben heirateten (queer.de berichtete). Die anderen Kandidaten, etwa der schrille Rick Santorum, erklären ihre Abneigung gegenüber Schwulen und Lesben in noch deutlicheren Worten.
Hillary Clinton wirbt mit Homo-Paar
Während bei den Republikanern noch kein Kandidat als sicherer Favorit erscheint, erwarten bei den Demokraten fast alle Beobachter einen deutlichen Sieg von Hillary Clinton. Die 67-Jährige ist auch unter LGBT-Aktivisten beliebt – sie hat bereits in ihrem Bewerbungsvideo offensiv mit einem heiratswilligen schwulen Paar geworben (queer.de berichtete).
Als US-Außenministerin hatte sie sich zwischen 2009 und 2013 engagiert für weltweite Homo-Rechte eingesetzt und wurde deshalb mit dem "World LGBT Award" ausgezeichnet (queer.de berichtete). Zudem hat sie mit Robby Mook einen schwulen Mann zu ihrem Wahlkampfmanager gemacht.
Allerdings war sie nicht immer so offen: 2008 hatte sie noch – wie damals auch Obama – die Gleichstellung im Ehe-Recht abgelehnt. Erst nachdem es einen Umschwung in Umfragen gegeben hatte, änderte sie 2013 ihre Position zur Ehe-Öffnung (queer.de berichtete).
Clinton-Gegenkandidaten haben nur geringe Außenseiterchancen
Bernie Sanders ist seit 1991 im US-Kongress (seit 2007 als Senator). Der Sozialist ist parteilos, aber ein Mitglied der demokratischen Fraktion im Parlament
Clintons bisherige Gegenkandidaten gelten als praktisch chancenlos. So treten der Ex-Gouverneur des Ministaats Rhode Island, Lincoln Chafee, und der Ex-Gouverneur von Maryland, Martin O'Malley an. Am ehesten wird noch dem parteilosen Senator Bernie Sanders aus Vermont zugetraut, Clinton aus der Reserve zu locken. Der Sozialist begeistert vor allem die linke Basis mit Themen wie sozialer Gerechtigkeit oder der Forderung nach einer Reform der Wahlkampffinanzierung.
Bei LGBT-Rechten war Sanders immer vorbildlich: So gehörte der 73-Jährige 1996 als Kongress-Abgeordneter zu den wenigen Politikern, die gegen das euphemistisch genanannte "Gesetz zum Schutz der Ehe" stimmten, das über Jahre von Hillary Clinton unterstützt worden war. Das Gesetz, das die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Ehen untersagt hatte, wurde 2013 als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gewertet und als verfassungswidrig erklärt (queer.de berichtete). Obgleich der authentische Sanders in seinem Heimatstaat Vermont und unter linken Demokraten populär ist, gilt er vielen moderaten Wählern als sozialistisches Schreckgespenst; eine nationale Wahl würde er wahrscheinlich hoch verlieren.
Noch wird aber viel Wasser den Potmoac hinunterfließen, bevor es eine Entscheidung gibt: Die Vorwahlen gehen Anfang Januar 2016 los. Wochenlang werden die Vorwahlen wie ein Wanderzirkus durch die US-Bundesstaaten wandern, bevor im Frühling Demokraten und Republikaner ihren Sieger, bzw. ihre Siegerin, präsentieren werden. Die Präsidentschaftswahl findet dann im November statt. Bis dann werden die Kandidaten noch etliche Milliarden Dollar ausgeben, um die Wähler von ihren Vorzügen zu überzeugen.