Von der lokalen NAACP-Anführerin zum Medienphänomen: Rachel Dolezal ist seit Tagen Gesprächsthema in amerikanischen Nachrichtensendungen. Foto: NBC News
Rachel Dolezal ist in den US-Medien omnipräsent: Nach ihrem Outing als Weiße schiebt sie ein Coming-out als Bisexuelle hinterher.
Die Geschichte von Rachel Dolezal fesselt Amerika: Die Anführerin der Bürgerrechtsorganisation "National Association for the Advancement of Colored People" (NAACP) in der 200.000-Einwohner-Stadt Spokane hatte auf Formularen und in Interview stets behauptet, eine Schwarze sein. Bis ihre fiesen Eltern sie gegenüber der Presse mit Hilfe von Kinderfotos outeten, auf denen sie mit sehr heller Hautfarbe und blonden Haaren zu sehen war.
Die Medien waren von dieser hollywoodträchtigen Geschichte elektrisiert. In Interviews erklärte Dolezal, ihr Freundeskreis habe stets aus schwarzen Menschen bestanden und habe sie sich mit ihnen derart identifiziert, dass sie sich als schwarz fühle. Das alleine wird schon als skandalös angesehen, da es als extrem rassistisch gilt, wenn sich weiße Amerikaner als Schwarze ausgeben (deshalb dürfen weiße Schauspieler zwar Schwule, Frauen, Mörder oder was auch immer spielen, aber nicht andeuten, dass sie einer anderen "Rasse" angehören).
Am Mittwoch folgte schließlich auf NBC das nächste Coming-out: Sie sei bisexuell, erklärte Dolezal:
Ich habe gestern endlich den Artikel [des transsexuellen Reality-Stars] Caitlyn Jenner gelesen. Ich habe geweint, weil ich manche Themen sehr gut verstehe, etwa die Isolation oder missverstanden zu werden oder die Frage, ob eine Beziehung endet, wenn man in anderem Licht gesehen wird. In romantischen Beziehungen – ich bin bisexuell und bin mit Frauen und Männern ausgegangen – frage ich immer genau nach: Wie hältst du's bei diesen Fragen?
Hier das Video:
Freilich wird Dolezals Fall gerade von LGBT-Gegnern genutzt, um zu zeigen, dass es so etwas wie sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht gibt: Sie führen ihren Fall als Beispiel an, dass Menschen ihre gottgegebene Identität nicht annehmen wollten.
Ein Beispiel ist der erzkonservative Fox-News-Kommentator Keith Ablow, der bereits beklagt hatte, dass es männliche Schüler transsexuell macht, wenn sie Zugang zu Nagellack haben (queer.de berichtete). Er erklärte in einem neuen Artikel, dass die allgemeine Akzeptanz von Transsexualität zu diesem Fall geführt habe. Wenn das so weitergehe, befürchtet er, dürfe bald ein 65-Jähriger sein Geburtsdatum ändern, wenn er sich als 35-Jähriger fühle.
Für Ablow und viele, die sich nach den übersichtlichen Fünfzigerjahren sehnen, verliert jeder, der nicht heterosexuell, cisgender (das Gegenteil von transgender) und konservativ ist, den Zugang zur Realität: "Ich habe wiederholt davor gewarnt, dass es tiefgreifende Folgen haben kann, wenn man sich von bestimmten Realitäten, die uns als Menschen definieren – genetisch oder historisch – frei macht. Menschen verlieren dann ihre Verbindung zur Realität". Hier liegt auch die Gefahr für LGBT, denn wer von Ablows enger Realität abweicht, wird automatisch als Feind angesehen. (dk)
>>> Biologisch männlich geborenen Menschen, die eine weibliche Identität wählen, wird das Recht auf diese Wahl auch nicht mit dem Verweis auf jahrhundertelange Unterdrückung der Frau abgesprochen. Sie eignen sich die Geschichte der Frau mit allen dazugehörigen Vor- und Nachteilen an. Das muss auch für andere kulturell zugeschriebene, gesellschaftlich an biologische Merkmale gekoppelte Identitäten möglich sein. Rachel Dolezal ist Schwarze, nur biologisch nicht. Sie zitiert ihren Sohn daher mit den treffenden Worten: »Mama, du bist rassisch gesehen ein Mensch und kulturell gesehen schwarz.« ?#?Racetrouble? #Gendertrouble
www.neues-deutschland.de/artikel/974815.ich-identifiziere-mi
ch-als-schwarz.html