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100 % Koalitionsvertrag
SPD zur Ehe für alle: Parteitag der CDU abwarten

Mit der Aussage "100 % Gleichstellung! Wir kämpfen weiter" wünschte die SPD am Samstag auf Facebook "viel Spaß bei den CSD-Paraden". Später stellte sie klar, dass sie nicht wirklich kämpft.
- 30. Juni 2015, 19:43h 4 Min.
Von wegen Momentum nach Irland und USA: Die Bundestagsfraktion der SPD zeigt in einem CSD-Grußwort und einer Zwischenbilanz erneut fehlenden Mut.
Von Norbert Blech
Die Bundes-SPD will sich beim Abbau der Diskriminierung von Schwulen und Lesben weiter nicht mit der Union anlegen. Das zeigt sich sowohl in einer Regierungs-Halbzeitbilanz der Sozialdemokraten als auch in einem CSD-Grußwort der Bundestagsfraktion auf Facebook.
In der 30-seitigen Zwischenbilanz der Fraktion (PDF), die am Montag erschienen ist und den Titel "Gesagt. Getan. Gerecht." trägt, heißt es zum Punkt "Gleichstellung von Lebenspartnerschaften": "In der Steuerpolitik und bei der Sukzessivadoption haben wir eingetragene Lebenspartnerschaften der Ehe gleichgestellt. Unser Ziel bleibt die völlige Gleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft."
Das ist alles, was der SPD zu dem Thema einfällt, im späteren Zweiseiten-Plan "Was wir als nächstes umsetzen" fehlen LGBT-Themen völlig. Von einer Ehe-Öffnung ist nicht die Rede, auch wird eine weitere Gleichstellung nicht ausdrücklich versprochen, sondern als "Ziel" bezeichnet. Das erinnert zudem an eine ähnliche Fomulierung im Koalitionsvertrag, zu der bislang die Unions-Lesart gilt, dass sie nicht ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht umfasst.
"Treibende Kraft für volle Rechte"

Das CSD-Grußwort samt Kleingedrucktem
Bereits am Wochenende hatte die SPD-Bundestagsfraktion mehr oder weniger deutlich zu erkennen gegeben, dass sie in keinster Weise daran denkt, den Koalitionspartner in Fragen der Ehe-Öffnung unter Druck zu setzen – als offizielle Antwort der Fraktion auf Kritik von Nutzern bei Facebook.
Zunächst hatte sich die SPD am Samstag in dem sozialen Netzwerk anlässlich der bevorstehenden CSD-Paraden noch gefeiert: "Die SPD-Bundestagsfraktion war und ist die treibende Kraft in der Koalition für volle Rechte für LGBT", heißt es in einem Eintrag. "Wir kämpfen weiter für die Öffnung der Ehe. Und wir wollen die Gleichheit nach Artikel 3 des Grundgesetzes unabhängig von der sexuellen Identität durchsetzen. Das ist in der Großen Koalition nicht immer einfach. Aber wir bleiben dran."
Als das für einigen Spott und einige Nachfragen nach dem konkreten Einsatz sorgte, schrieb die Fraktion mit ihrem offiziellen Account: "Die SPD-Fraktion setzt sich in intensiven Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten der Union und auch in den Ländern dafür ein, endlich die Ehe für Lesben und Schwule zu öffnen. Ganz nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein."
Dass die "treibende Kraft" alles andere als antreibt, zeigt sich dann allerdings in den folgenden Sätzen. So wird zunächst die Schuld auf die Union und die eigenen Mitglieder verteilt: Als diese vor zwei Jahren den Koalitionsvertrag absegneten, sei ihnen klar gewesen, "dass die Öffnung der Ehe mit der Union nicht durchsetzbar" sei.
Dann schreibt die SPD weiter: "Übrigens sollten wir den Parteitag der CDU im Dezember abwarten, dort soll es ja eine Entscheidung über die Öffnung der Ehe geben." Eine solche Debatte ist in der Diskussion, aber weder ausgemacht noch im Ergebnis klar; die CSU dürfte in der Frage auch noch mitreden wollen.
"Wenn sich die Union bewegt"...

Bei ihrer diesjährigen CSD-Kampagne, hier am Samstag in Berlin, setzt die Partei nicht mehr auf 100% Gleichstellung, sondern auf das Thema Bildung – was praktischerweise Ländersache ist (Bild: nb)
Die SPD meint aber: "Vielleicht ist unser Koalitionspartner nach einer Zustimmung des Parteitages bereit, einen Gruppenantrag im Bundestag zuzulassen. Und wenn sich die Union bewegt, dann sind wir bereit, die Öffnung der Ehe sofort umzusetzen." Ansonsten aber, schränken die Genossen direkt ein, gebe es in einer Koalition Regeln. "Und die sehen vor, dass beide Koalitionspartner nicht für Gesetzentwürfe oder Anträge der Opposition stimmen oder Gruppenanträge initiieren."
So beendet die SPD eine Debatte um ihr eigenes Grußwort zum CSD. In vielen Städten nennt sich dieser "Pride", eine Erinnerung an den eigenen Stolz und das eigene Selbstbewusstsein, die für den alltäglichen Kampf notwendig sind.
Die SPD-Erläuterung, zwei Tage nach der Ehe-Öffnung in den USA, erinnert hingegen an die Mutlosigkeit, die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi Anfang Juni zeigte, als sie wenige Tage nach dem Referendum in Irland den Beginn einer Debatte über die Ehe-Öffnung in Deutschland abwürgte mit dem Hinweis, dass Nein der Union sei eine "Tatsache, die wir zur Kenntnis zu nehmen haben" (queer.de berichtete). Das scheint weiter als Politik zu gelten.















Als nächstes lesen wir dann von der Fusion der SPD mit der CDU.