Torsten Ilg will sein Mandat in der Bezirksvertretung Köln-Rodenkirchen behalten (Bild: privat)
Der schwule Kölner Lokalpolitiker wirft Landesverbänden der Alternative für Deutschland einen "verfassungswidrigen und homofeindlichen" Kurs vor.
Nun hat selbst Torsten Ilg genug. Der Kölner AfD-Politiker, Mitglied der Bezirksvertretung Rodenkirchen, Vize-Chef der Bundesinteressengemeinschaft "Homosexuelle in der AfD" und eifrige Kommentator bei queer.de, hat am Samstag seinen Austritt aus der Alternative für Deutschland erklärt.
"Der unsägliche Umgang mit Prof. Lucke auf dem gestrigen Parteitag sowie eine teilweise von Beschimpfungen und Ausgrenzung geprägte Grundstimmung gegen die im Verein 'Weckruf' organisierten liberalen Mitglieder der AfD haben für mich das Fass zum Überlaufen gebracht", schreibt Ilg in einer Pressemitteilung. "Aufgrund dieser und anderer besorgniserregender Entwicklungen der Partei habe ich mich heute dazu entschlossen, die AfD zu verlassen und mein politisches Mandat in der Bezirksvertretung von Köln-Rodenkirchen zukünftig im Sinne der einst beschlossenen Leitlinien der AfD zunächst als Parteiloser wahrzunehmen."
Er rechne damit, dass in den kommenden Wochen "mehrere tausend liberale Mitglieder" die Alternartive für Deutschland verlassen, schrieb Ilg in der Pressemitteilung.
Der nationalkonservative Flügel übernimmt die Macht
Der schwule Politiker, der sich anders als die Bundesvorsitzenden der "Homosexuellen in der AfD" für eine komplette Gleichstellung von Lesben und Schwulen aussprach, nannte es "untragbar", dass Vereine wie "Freie Welt" und deren Netzwerke die AfD "zunehmend zum politischen Vollstrecker radikaler Kräfte" machten: "Die Landesverbände Sachsen, Thüringen und Niedersachen haben in ihren Wahlprogrammen u.a. verfassungswidrige und homofeindliche Passagen beschlossen, die einer Rechtsstaatspartei unwürdig sind. Frau Petry, Herr Höcke und Herr Hampel befürworten oder dulden zumindest diese Programmpunkte stillschweigend."
Auf dem turbulenten AfD-Bundesparteitag in Essen war am Samstag die nationalkonservative Landesvorsitzende der AfD Sachsen Frauke Petry zur ersten Bundesvorsitzenden gewählt worden. Sie erhielt knapp 60 Prozent der Stimmen und setzte sich damit deutlich gegen den Parteigründer Bernd Lucke durch, der nur 38 Prozent erhielt. Lucke selbst hat sich zu seiner politischen Zukunft noch nicht geäußert.
Auf dem Parteitag scheiterte auch Luckes Vorhaben, den schwulen Deutschtürken André Yorulmaz als Generalsekretär zu installieren (queer.de berichtete). Der Tagesordnungspunkt wurde mit 61 Prozent der Stimmen gestrichen.
Frauke Petry steht für einen stramm rechten und homophoben Kurs der AfD. Erst vor wenigen Wochen sprach sie sich in der Talkshow "Anne Will" gegen eine Ehe-Öffnung und ein Adoptionsrecht für Lesben und Schwule aus, weil dies dem Kindeswohl schade (queer.de berichtete). Sie bezweifelt auch, dass Homophobie an Schulen überhaupt ein Problem ist und will deshalb Bildungspläne zur sexuellen Vielfalt verhindern. Nicht Schwule und Lesben, sondern "normale" Familien sollten laut Petry geschützt werden (queer.de berichtete). (mize)
Update 12:55h: Beatrix von Storch neue Vizevorsitzende der AfD
Der rechte Durchmarsch in der AfD setzt sich fort. Am zweiten Tag des Bundesparteitags wurden am Sonntag Beatrix von Storch und Alexander Gauland zu stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt. Die Europaabgeordnete von Storch, die aus ihrem Büro die Stuttgarter "Demo für alle" gegen den Bildungsplan organisiert, erhielt 87 Prozent der Stimmen, der ebenso homophobe Brandenburger Fraktionschef Gauland 84 Prozent. Nach der Niederlage Luckes am Samstag hatten zahlreiche eher gemäßigte Mitglieder den Parteitag verlassen.
>"Luckes Vorhaben, André Yorulmaz - ein bekennender Homosexueller [sic], Konservativer und Sohn einer deutschen Mutter sowie eines türkischen Vaters - als Generalsekretär aufzubauen, scheiterte, weil der Parteitag diesen Tagesordnungspunkt mit 61 Prozent direkt kippte."
www.heise.de/tp/artikel/45/45351/1.html