"Wer bin ich, um über sie zu urteilen" - die früheren Worte des Papstes über Homosexuelle hatte die LGBT-Organisation Paraguays vorab für Poster gegen Homophobie benutzt. Über 80 Prozent der Bevölkerung ist katholisch.
Eine vorab als historisch bewertete Begegnung stellte sich als Luftnummer heraus – nur der ausgewählte LGBT-Aktivist ist noch begeistert.
Von Norbert Blech
"Möge es keine Menschen zweiter, dritter und vierter Klasse geben: Alle haben die gleichen Würde." Das habe der Papst ausdrücklich der LGBT-Community gesagt, berichteten am Wochenende viele Medien weltweit und vor allem in Paraguay, das Franziskus im Rahmen einer Südamerikareise besuchte.
Sie stürzten sich damit auf eine Interpretation von Simón Cazal, dem Chef von "Somosgay", der LGBT-Organisation des Landes. Dass er zu einem Treffen des Papstes mit Vertretern der Zivilgesellschaft am Samstag in Asunción eingeladen worden war, galt vorab bereits als Sensation – zumal Cazal 2012 im benachbarten Argentinien seinen Freund geheiratet hatte (queer.de berichtete)
Nach dem Treffen zeigte sich Cazal sehr erfreut über die Worte über die Würde von Homosexuellen und forderte, dass die Regierung Paraguays das in ihrem Handeln berücksichtigen müsse. Gegenüber Buzzfeed sagte Cazal gar, der Papst habe sich klar für Vielfalt und gegen eine zu enge Definition von Ehe und Familie ausgesprochen und dabei eine "harsche" Kritik an der Kirche geübt.
Dementi vom Papstsprecher
Medien aus Südamerika hatten die vermeintlich LGBT-freundlichen Worte des Papstes weit verbreitet
Was zunächst Grund zur Freude gewesen wäre, entpuppte sich aber schnell als Überdeutung der Worte des Papstes. Papstsprecher Federico Lombardi sagte sogar in einer Pressekonferenz öffentlich, der Papst habe sich nur allgemein geäußert: "Das war in keinster Weise ein interner Diskurs über die Frage, wie die Kirche auf Situationen von sexueller Vielfalt eingehen sollte."
Das "Roundtablegespräch" mit Vertretern der Zivilgesellschaft war in Wirklichkeit leztlich auch ein Treffen mit ganzen 1.600 Menschen, die einer Rede des Papstes lauschten, in der er einige der von ihnen aufgeworfenen Fragen aufgriff. In einer Dokumentation der teils frei gehaltenen Rede findet sich kein Eingehen auf die Begriffe Ehe und Familie oder auf LGBT-Fragen. Die Passage über die klassenlose Würde der Menschen entstammt tatsächlich einem allgemeinen Teil.
Aufmerksamkeit für LGBT-Themen
Simón Cazal war vom Treffen mit dem Papst begeistert
Vorab hatte Cazal berichtet, es habe Kritik gegeben, dass er die Einladung eingenommen habe – das könnte dazu genutzt werden, dass sich die Kirche reinwasche. Letztlich habe die Kirche aber durch die Teilnahme mehr verlieren als gewinnen können.
Vermutlich hat der Aktivist den Papst-Besuch genutzt, um LGBT-Themen in den Fokus der Medien zu rücken. So verwies er in Interviews auf die hohe Mordrate an Transsexuellen in dem Land – statistisch wird einmal pro Woche eine Person aufgrund ihrer Trans-Identität ermordet. Die Regierung denkt bislang weder an eine rechtliche Anerkennung von Homo-Paaren noch an Antidiskiminierungsgesetze, eine Homo-Ehe wird von 80 Prozent der Bevölkerung abgelehnt. "Somosgay" nutzte im Frühjahr bereits das Papst-Zitat "Wer bin ich, über Homosexuelle zu richten?" auf Plakaten, um gegen Homophobie anzukämpfen.
Franziskus selbst hat ein gemischtes Verhältnis zur Community. Einerseits bemüht er sich um einen milden Ton, andererseits kämpft er wie sein Vorgänger gegen die staatlich-rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechlichen Paaren an. Bei einer Predigt in Equador hatte er vor wenigen Tagen gesagt, die Familie sei eine Institution, die durch andere Institutionen nicht ersetzt werden könne.
bei koennen stundenlang reden ...ohne etwas zu sagen.