Lucke (l.) am Sonntag bei der Vorstellung seiner neuen Partei
Mit der "Allianz für Fortschritt und Aufbruch" droht die nächste Stimme gegen die Ehe für alle und Schulaufklärung über Homosexualität.
Von Norbert Blech
Der ehemalige AfD-Vorsitzende Bernd Lucke hat am Sonntag mit Mitstreitern eine neue Partei gegründet. Die "Allianz für Fortschritt und Aufbruch" (Alfa) versteht sich als liberal-konservative Partei.
Ein erstes Parteiprogramm scheint sich allerdings bereits wie die AfD gegen Bildungspläne zur sexuellen Vielfalt einzusetzen – und Schulaufklärungsprojekte wie SchLAu finanziell wie strukturell verhindern zu wollen. Der Staat sei "gehalten, zu gesellschaftspolitischen Kontroversen nicht einseitig Stellung zu nehmen", heißt es unter dem Punkt "Bürgerrechte".
"Umstrittene Kampagnen spezieller Interessengruppen, die spezifische Auffassungen etwa zum Klimawandel oder zum Geschlechterverständnis (sog. Gender Mainstreaming) oder zur sexuellen Selbstbestimmung von Minderjährigen vertreten und aktiv vorantreiben, haben in staatlichen Einrichtungen nichts zu suchen und dürfen vom Staat nicht gefördert werden."
Lucke gegen LGBT-Rechte
Das Wahlprogramm enthält keine klare Aussage zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Die Familie sei "Keimzelle unserer Gesellschaft", heißt es an einer Stelle, "Mütter und Väter sind in ihrer Erziehungsfunktion für die Familie äußerst wichtig und verdienen Wertschätzung unabhängig davon, welchen Lebensentwurf sie bevorzugen". Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Passage auch auf Regenbogenfamilien bezieht, zumal Homosexualität kein Lebensentwurf ist.
Bernd Lucke hatte sich in der Vergangenheit mehrfach gegen eine Ehe-Öffnung für schwule und lesbische Paare ausgesprochen. "Der Begriff der Ehe als dauerhafter Gemeinschaft von Mann und Frau darf nicht ausgehöhlt werden", meinte er etwa noch im Juni (queer.de berichtete). Die Ehe werde ansonsten zu einem "nichtssagenden Konzept".
Im EU-Parlament hatte Lucke bereits gegen LGBT-Rechte gestimmt (queer.de berichtete), auf Parteitagen wie auf Facebook Stimmung gegen Bildungspläne gemacht (queer.de berichtete) und die homophoben Kampagnen der Europaabgeordneten Beatrix von Storch gewähren lassen. Noch kurz vor seiner Abwahl als AfD-Parteichef hatte er einen Kandidaten für den Posten des Generalsekretärs vorgestellt, der schwul ist – und sich zugleich gegen ein Adoptionsrecht für Homo-Paare wandte (queer.de berichtete).
Kölmel wird Stellvertreter
Bernd Kölmel, einer der homophobsten Vertreter der AfD, wird wohl auch in der neuen Partei Stimmung gegen LGBT-Rechte machen
Luckes neuer Stellvertreter Bernd Kölmel war als Landeschef der AfD Baden-Württemberg eine der wichtigsten Stimmen im Kampf gegen Schulaufklärung über sexuelle Vielfalt. Noch bevor die Partei die Protestbewegung gegen den Bildungsplan übernahm, hatte er zur Unterzeichnung der Petition dagegen aufgerufen (queer.de berichtete).
Es drohe eine "pädagogische, moralische und ideologische Umerziehungskampagne", meinte Kölmel damals, Sexualität dürfe nicht "Gegenstand staatlicher Einflussnahme sein". Später schrieb er Grußworte für die "Demo für alle". Auch gegen einen Aktionsplan der Landesregierung ("Feldzug der Gender-Gedankenpolizisten") kämpfte er mit harschen Worten an: "Schmieden wir eine breite Allianz und bringen wir den Protest wenn nötig auf die Straße" (queer.de berichtete). Eine Ehe-Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare lehnt Kölmel ebenso ab wie die Europaabgeordnete Ulrike Trebesius, die Generalsekretärin der neuen Partei.
Sie wurde gegründet, nachdem sich die nationalkonservativen Kräfte in der AfD beim Parteitag Anfang Juli durchgesetzt und Frauke Petry zur neuen Vorsitzenden gemacht hatten. Zuvor hatten Analysen ergeben, dass Anti-Feminismus und Homophobie alle Flügel der AfD vereinten (queer.de berichtete). Weitere Schnittmengen sind, neben der Wirtschaftspolitik, durchaus erkennbar: So nimmt das Programm der neuen Partei ausführlich Stellung zum Islam und gegen eine angebliche "Etablierung von Parallelgesellschaften" und "einer Paralleljustiz z.B. nach den Regeln der Scharia".
Und auch da wird wieder mit rassistischen und homophoben Ressentiments am rechten Rand gefischt werden...