Der CSU-Politiker Joachim Unterländer erklärte, er teile zwar persönlich nicht die homophoben Ansichten, die in dem Papier zum Ausdruck gebracht werden. Unterstützen will er die Herausgeber aber trotzdem
Dass die Landesregierung die homophobe Zeitungsbeilage eines katholischen Familienverbandes unterstützt, ist für die CSU kein Problem: Das sei freie Meinungsäußerung.
Von Dennis Klein
Homosexualität entspreche nicht "dem Wesen des Menschen", eine Öffnung der Ehe für Homo-Paare könne zu Inszest führen. Homophobe Aussagen wie diese und weitere erzkonservative Ansichten bekamen am Wochenende die Leser der "Augsburger Allgemeinen" und der "Allgäuer Zeitung" präsentiert, in einer Beilage, die vom Familienbund der Katholiken im Bistum Augsburg herausgegeben wurde (queer.de berichtete).
Pikant war in dem Magazin zusätzlich der Hinweis, dass die Ausgabe vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert wurde – im Impressum der 16-seitigen Beilage (PDF) prangerte gar das Landeswappen des Freistaats.
Die SPD war über die Unterstützung dieses Pamphlets so entsetzt, dass sie einen Dringlichkeitsantrag (PDF) in den bayerischen Landtag einbrachte, für den sie als Titel eine Überschrift aus einem anderen Text der Beilage nutzte: "Heldenhafte Spermien und wach geküsste Eizellen." Die Fraktion verlangt darin Aufklärung, was die Staatsregierung über die homophoben Texte denkt, und ein Bekenntnis des Landtags zur "Vielfalt der Lebensentwürfe" und zur Ehe für alle.
Linus Förster (SPD)
"Dieses Pamphlet ist ganz, ganz fürchterlich", sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Linus Förster am Mittwochmittag in der Landtagsdebatte. Der Abgeordnete aus Augsburg, der bereits in einer Presseerklärung Unverständnis über die Beilage ausgedrückt hatte (queer.de berichtete), kritisierte die staatliche Förderung des "homophoben Papiers" und wollte von der CSU-Alleinregierung wissen, ob es Konsequenzen gebe.
Die CSU zeigte sich genervt von dem Antrag: Redner Joachim Unterländer sagte zwar, dass er persönlich die in dem Papier dargestellten Positionen nicht teile. Die Artikel seien "vom Stil her aber Geschmackssache".
Und dann begann seine Abwehrschlacht: Als die Oppositionsabgeordnete Ulrike Grote (Grüne) in einer Zwischenfrage den Familienbund als "reaktionären Verband" kritisierte, unterstellte er ihr schlicht "Katholikenphobie". Und als Linus Förster darauf aufmerksam machte, dass zwei der Autoren ja bereits bei Pegida publiziert hätten und die Texte an der Grenze zur Volksverhetzung seien, sagte er, dass die staatlichen Gelder ja nicht direkt in die Publikation geflossen seien.
19.000 Euro Förderung für Familienbund
Die vier Landtagsfraktionen stritten um den richtigen Umgang mit Homophobie
Insgesamt, so führte Unterländer aus, erhalte der katholische Familienbund Augsburg 19.000 Euro pro Jahr vom Land für Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit, die aber nicht an bestimmte Publikationen gebunden seien. Damit mache der Verein viel gute Arbeit – und "inhaltliche Ausreißer" wie dieser Artikel seien einfach hinzunehmen.
Das ging allerdings selbst der konservativen Regionalpartei "Freie Wähler" zu weit, die sich im letzten Jahr im Landtag gegen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht ausgesprochen hatte. Die Abgeordnete Eva Gottstein, eine ehemalige Lehrerin an einer katholischen Schule, attestierte der Zeitungsbeilage "unterstes Gedankengut, das im Widerspruch zur katholischen Lehre" stehe. "Da fühlt man sich erinnert ans Mittelalter oder dunkle Zeiten der deutschen Geschichte, die nicht mehr von uns allen gewünscht werden", so Gottstein.
Kein Geld für Queer-Beauftragten
Claudia Stamm (Grüne)
Die Grünenpolitikerin Claudia Stamm betonte, dass es ihr egal sei, ob das Pamphlet direkt finanziert oder ein Teil der nicht gebundenen Förderung Bayerns dafür abgezweigt worden sei. Homo-Hass aus Steuergeldern sei immer ein "No-Go". Sie kritisierte die Prioritätensetzung der Seehofer-Regierung. So werde anders als in anderen Bundesländern "kein Cent" für einen Beauftragten für queere Lebensweisen ausgegeben. "Daran sieht man, wie sehr die CSU bei diesem Thema der Realität hinterherhinkt."
Staatssekretär Johannes Hintersberger (CSU) verteidigte anschließend sein Familienministerium. Man wolle keine "Zensur" gegen Familienverbände aussprechen und stelle daher die Förderung der Familienverbände "nicht in Frage". Auf Zwischenfragen, ob die Landesregierung irgendwelche Konsequenzen plane, versprach er ein "Gespräch" mit dem Herausgeber der Beilage. Ob der Familienbund bei zukünftigen homophoben Publikationen weiterhin das Landeswappen nutzen und sich mit der Unterstützung des Ministeriums brüsten dürfe, sagte Hintersberger, der sich persönlich ebenfalls vom homophoben Text distanzierte, aber nicht.
Bei der anschließenden Abstimmung sprach sich die CSU gegen den Antrag aus, SPD und Grüne waren dafür. Die Freien Wähler enthielten sich, weil der Antrag auch Passagen zur Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Eherecht enthält, die von dieser Partei abgelehnt wird.