Bilder wie diese verbreiteten sich am Montag schnell in den sozialen Netzwerken der Türkei: Sollte sich die Regierung wieder an das Symbol des Widerstandes wagen?
Am Montag hat die Stadt mit dem Abriss einer Fußgängertreppe begonnen, die zum Symbol des Widerstands gegen die Erdogan-Regierung wie auch der LGBT-Community wurde.
Es war eine ungeplante Revolution: Hüseyin Çetinel hatte 2013 spontan die Idee, die verfallene, graue Treppe, die die Viertel Karaköy and Cihangir für Fußgänger verbindet, in Regenbogenfarben zu streichen. Mit drei Freunden, darunter seinem Schwiegersohn, und 40 Kilo Farbe bemalte er die 200 Stufen in Regenbogenfarben.
Was als Verschönerungsaktion gedacht war, entpuppte sich schnell als Politikum. Die Stadtverwaltung reagierte nervös, kurz nach den Protesten um die Neugestaltung des Gezi-Parks. Manche Medien spekulierten, auch der Umstand, dass der Regenbogen als Symbol der LGBT-Community gilt, habe für Ärger bei den Offiziellen gesorgt. Städtische Angestellte mussten jedenfalls zwei Tage nach Fertigstellung der Regenbogentreppe ans Werk gehen und diese zurück ins Graue umstreichen.

Doch in sozialen Netzwerken regte sich schnell Widerstand und wenige Tage später gab es Straßenproteste von Menschen mit Pinseln in der Hand in vielen Teilen der Türkei. Und die Anwohner strichen ihre Treppe erneut in den Farben des Regenbogens.
Verwaltung und Polizei ließen sie schließlich gewähren. Spätestens seither stand die Treppe tatsächlich als das befürchtete Symbol des Widerstandes gegen die Regierung da, nach all den Debatten aber auch als sichtbares Zeichen für die Toleranz gegenüber Homo- und Transsexuellen.
Angeblich Sanierungsmaßnahmen
Als am Montag ein Bagger an der Treppe auftauchte und mit ihrem Abriss begann, war die Empörung in sozialen Netzwerken entsprechend schnell und groß – erst recht wenige Wochen, nachdem die Polizei erstmals mit Gewalt auf den Istanbuler CSD reagiert hatte (queer.de berichtete).

Die Bezirksverwaltung rechtfertigte sich, sie wolle dringend benötigte Sanierungsmaßnahmen durchführen – vor allem im Bereich unter der Treppe: Gas, Elektrizität und Abwasser. Der Abriss sei im Dialog mit den Anwohnern erfolgt.
Das haben inzwischen Bewohner des Viertels gegenüber der türkischen LGBT-Organisation KAOS GL bestätigt. Und auch Hüseyin Çetinel, der sich seit zwei Jahren mit Pinsel wie Besen um die Treppe kümmert, meldete sich in den Medien zu Wort: Man habe ein Jahr lang die Verwaltung um dringend benötigte Reperaturen gebeten und dabei natürlich auch über den Wiederaufbau verhandelt.

"Niemand sollte sich Sorgen machen", so Çetinel. "Die Treppen werden wieder bemalt und noch schöner sein als sie jetzt schon waren." (nb)
Echt tolle Aktion!