Der konservative Fox News Channel und das soziale Netzwerk Facebook organisierten die Debatte
Die republikanischen Kandidaten haben in der ersten Fernsehdebatte erneut ihre Abneigung gegenüber LGBT-Rechten deutlich gemacht.
Von Dennis Klein
15 Monate vor der US-Präsidentschaftswahl haben die Republikaner mit ihrer ersten Debattenrunde in Cleveland am Donnerstagabend bereits die lange, heiße Wahlkampfphase eingeläutet. Nach der Öffnung der Ehe durch den Supreme Court Ende Juni spielte das Thema LGBT-Rechte anders als in vorangegangenen Debatten eher am Rande eine Rolle. Wenn die Teilnehmer der zwei Debatten – die zehn aussichtreichsten Kandidaten durften zwei Stunden lang in die Primetime debattieren, die sieben anderen eine Stunde lang am Nachmittag – über Homo- und Transsexuelle redeten, fielen allerdings eher abwertende Äußerungen, allerdings mit einer Ausnahme.
Überraschend freundlich gab sich John Kasich, der als Gouverneur von Ohio in Cleveland ein Heimspiel hatte. Als er über die Ehe-Öffnung befragt wurde, begann er zwar mit den Worten: "Ich bin ein altmodischer Typ und glaube an die traditionelle Ehe", bekannte dann aber: "Das Gericht hat nun mal so entschieden und ich akzeptiere das. Und stellen Sie sich vor: Ich bin kürzlich zu einer Hochzeit eines Freundes gegangen, der schwul ist." Dabei brandete sogar Applaus auf – anders als bei einer republikanischen Debatte aus dem Jahr 2011, als die Zuschauer beim Thema Ehe für alle noch reflexhaft buhten (queer.de berichtete). Kasich weiter: "Nur weil jemand anders denkt als ich, heißt das nicht, dass er mir nicht wichtig ist oder dass ich ihn nicht mag." Wenn seine Tochter lesbisch wäre, würde er das natürlich akzeptieren.
Staatliche Ehe wegen Homo-Paaren abschaffen?
Die anderen Kandidaten zeigten sich bei dem Thema in ihrer alten Wenn-Schwule-heiraten-dürfen-bricht-die-Welt-zusammen-Pose. Baptistenprediger Mike Huckabee, früher Gouverneur von Arkansas und heute Hoffnungsträger der religiösen Rechten, erklärte kurz, dass es sich beim Supreme Court nicht um Gott handle. Er setzt sich bereits seit Jahrzehnten gegen LGBT-Rechte ein.
Senator Rand Paul, der sich in vielen Fragen außer bei LGBT-Themen liberal gibt, will sogar wegen der Ehe-Öffnung die staatliche Ehe abschaffen. Er verknüpfte diese Frage mit einem anderen republikanischen Herzblutthema: "Ich möchte nicht, dass meine Ehe oder meine Waffen in Washington registriert werden", so Paul, der kürzlich gesagt hatte, dass es ihn persönlich beleidigen würde, wenn Schwule und Lesben heiraten dürfen (queer.de berichtete).

Die schillerndste Figur der Debatte war der Milliardär Donald Trump, der derzeit in Umfragen führt, dem aber Wettbüros kaum Chancen auf einen Sieg einräumen. Der frühere Reality-TV-Moderator ("The Apprentice") hat in der Vergangenheit immer wieder die Ehe-Öffnung oder Antidiskriminierungsgesetze abgelehnt. In der Debatte am Donnerstag machte er sich über eine lesbische TV-Ikone lustig: Als die Moderatorin des Fox News Channel fragte, warum er Frauen in der Vergangenheit als "fette Säue, Hündinnen, Schlampen oder ekelerregende Tiere" bezeichnet habe, antwortete er unter dem entzückten Gejohle des Publikums: "Nur Rosie O'Donnell". O'Donnell twitterte kurz darauf trocken: "Versuchen Sie, das unseren beiden Kindern zu erklären."
Trump erklärte in der Debatte, was für ihn am wichtigsten sei: "Das große Problem, das dieses Land hat, ist politisch korrekt zu sein", so der 69-Jährige. "Ich habe keine Zeit für totale politische Korrektheit." Statt über das sprichtwörtliche Gedöns solle sich das Land lieber Sorgen darüber machen, dass Amerika "gerade gegen China verliert". Der exzentrische New Yorker punktet bei der Basis derzeit insbesondere mit ausländerfeindlichen Thesen; beispielsweise hatte er sich vor kurzem beschwert, dass angeblich viele mexikanische Vergewaltiger in die USA illegal einwandern, und die mexikanische Regierung aufgefordert, eine Art Berliner Mauer für seine Bürger zu bauen und diese selbst zu bezahlen.
Illegale Einwanderung war dann auch eines der Hauptthemen neben dem Bundeshaushalt und der Außenpolitik.

Die anderen Kandidaten – etwa Favorit Jeb Bush, Ben Carson oder Senator Ted Cruz – haben sich zwar in der Vergangenheit immer wieder gegen LGBT-Rechte positioniert, das Thema in dieser Debatte aber nicht gestreift. Mehrere Kandidaten deuteten an, den Obama-Antidiskriminierungserlass bei einem Sieg sofort zurückzunehmen, ohne aber näher darauf einzugehen.
Ehe für alle mit Sklaverei gleichgesetzt
In der Nachmittagsdebatte der aussichtslosen Kandidaten ging es schon etwas homophober zur Sache. Hier griffen insbesondere die erklärten Homo-Gegner Bobby Jindal und Rick Santorum tief in die Mottenkiste. Santorum verglich etwa die Ehe für alle mit Sklaverei, die auch abgeschafft worden sei. Diese Botschaft dürfte aber auch bei den Republikanern nicht mehr mehrheitsfähig sein.
LGBT-Aktivisten zeigten sich enttäuscht über die Kandidaten. Es seien "beunruhigende Botschaften" verbreitet worden, beklagte sich JoDee Winterhof von der Human Rights Campaign. "Unzählige LGBT-Familien wollen wissen, ob unser nächster Präsident ihre verfassungsmäßigen Rechte verteidigen und sich für die vollständige Gleichbehandlung einsetzen wird. Leider gab es bei der Debatte mehr Fragen als Antworten. Und die Antworten, die wir erhalten haben, waren enttäuschend."
In den nächsten Monaten werden sich die Kandidaten einen innerparteilichen Wahlkampf liefern, bevor Anfang nächsten Jahres der republikanische Präsidentschaftskandidat gekürt wird.
Bei den Demokraten gibt es einen ähnlichen Prozess. Dort unterstützen alle Kandidaten LGBT-Rechte. Klare Favoritin ist Hillary Clinton, die aber von der an der Basis äußerst beliebten Sozialisten Bernie Sanders und möglicherweise von Vizepräsident Joe Biden herausgefordert wird.
Die Präsidentschaftswahl findet dann am 8. November 2016 statt. Zuvor werden die Kandidaten mit mehreren Milliarden Dollar versuchen, die Wähler auf sich aufmerksam zu machen.
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