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Seit über 150 Jahren Treffpunkt von schwulen und bisexuellen Männern: Löwenbrücke im Berliner Tiergarten (Bild: Wiki Commons / Manfred Brückels / CC-BY-SA-3.0)

  • 20. August 2015, 09:59h 98 3 Min.

Im Berliner Tiergarten wurde in der Nacht zu Mittwoch die Leiche eines 64-jährigen Mannes gefunden. Der "Berliner Kurier" vermutet eine "Tat im homosexuellen Milieu".

Zu Update springen: Polizei veröffentlicht Foto des Opfers

Die Berliner Mordkommission muss ein grausames Verbrechen aufklären: Im Berliner Tiergarten, einem beliebten Cruisinggebiet, wurde in der Nacht zu Mittwoch die Leiche eines Mannes entdeckt. Die Obduktion ergab, dass der 64-Jährige gewaltsam ums Leben gekommen war.

Ein Radfahrer hatte laut Polizeibericht gegen 1.15 Uhr Polizei und Feuerwehr alarmiert, weil er durch Zufall am Parkweg Große Sternallee den leblosen Mann entdeckt hatte. Er lag auf dem Rücken neben einem Busch, nur vier Meter vom Weg entfernt. Der Notarzt konnte jedoch nur noch den Tod feststellen. Die Polizei sperrte den Tatort über mehrere Stunden großräumig ab, Beamte der Kriminaltechnik suchten bis Mittwochvormittag nach Spuren.

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Boulevardzeitung berichtet mit homophoben Untertönen

Der 3. Mordkommission des Landeskriminalamtes, die die Ermittlungen übernommen hat, liegen bislang keine Erkenntnisse zu den Hintergründen der Tat vor. Zur genauen Todesursache machte die Polizei keine Angaben, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Boulevard-Medien berichten jedoch, dass der Mann erdrosselt oder erwürgt worden sei. Unklar ist auch, ob die Tat im Tiergarten geschah und ob dem Opfer etwas gestohlen wurde. "Wir ermitteln in alle Richtungen", erklärte ein Polizeisprecher.

Dies nährt Spekulationen, ob es sich bei dem Opfer womöglich um einen Cruiser gehandelt hat. "Nicht auszuschließen ist eine Tat im homosexuellen Milieu", schreibt etwa der "Berliner Kurier", der mit dieser Formulierung tief in die homophobe Mottenkiste greift. Weiter schreibt das Boulevardblatt: "Denn der Tiergarten wird an bestimmten Stellen, die durch Büsche bewachsen sind, für Sextreffen in der Schwulen-Szene missbraucht. Auch drogenabhängige Stricher treiben sich hier Nacht für Nacht herum."

Der Große Tiergarten wird in den Sommermonaten in der Nacht allerdings auch nicht selten von Obdachlosen, Betrunkenen, Berlin-Touristen oder mittellosen Studenten als günstige Schlafstätte genutzt.

Die Berliner Mordkommission hofft nun, dass Zeugen die Tat beobachtet haben. Jeder, der etwas Verdächtiges bemerkt hat, das mit dem Gewaltverbrechen in Zusammenhang stehen könnte, wurde aufgerufen, sich bei der Polizei zu melden. Hinweise nimmt jede Dienststelle entgegen. (cw)

 Update  19:30h: Polizei veröffentlicht Foto des Opfers

Die 3. Berliner Mordkommission hat am Donnerstagnachmittag nähere Angaben zum Opfer gemacht sowie ein Foto des 64-Jährigen veröffentlicht. Es handelt sich um Winfried Hepp, der sich seit dem 5. August als Tourist in Berlin aufgehalten hat. Hepp ist ca. 1,60 Meter groß, hat eine athletische Figur, trägt einen grauen Henryquatre-Bart sowie eine Brille. Hepp sprach mit schwäbischem Dialekt.



Die Mordkommission fragt nun: Wer hatte ab Mittwoch, den 5. August Kontakt zum Mordopfer oder kann Angaben zu Kontaktpersonen oder Aufenthaltsorten machen? Hinweise nimmt die 3. Mordkommission in der Keithstraße 30 in Tiergarten unter der Telefonnummer (030) 4664-911 333, per E-Mail an LKA113@polizei.berlin.de oder jede andere Polizeidienststelle entgegen. (cw)

Stichwort: "Homosexuellen-Milieu"

In seinem Ratgeber "Schöner schreiben über Lesben und Schwule" (PDF) lehnt der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ) den Begriff "Homosexuellen-Milieu" strikt ab:

"Dieser Terminus ist sprachlicher Unsinn. Was oder wo soll dieses Milieu denn sein: die Stadt Köln, der Eurovision Song Contest oder gar das Amtszimmer einer lesbischen Politikerin? Solche Phrasen verunglimpfen Homosexuelle kollektiv, ganz so, als wären Lesben und Schwule wie Kriminelle in einer Art Rotlichtviertel organisiert. Kaum jemand würde über eine 'Gewalttat im Lehrermilieu' oder einen 'Doppelmord im Hetero-Milieu' berichten.

Dass 'Milieu' auch ein soziologischer Begriff ist, wissen wir. Doch Autoren wollen mit reißerischen Schlagzeilen dieser Art wohl kaum eine soziologische Präzision zum Ausdruck bringen. Zudem ist es gerade ein Ergebnis dieser Studien, dass Homosexuelle in jedem Milieu vorkommen.

Vorschlag: Statt 'Mord im Homosexuellen-Milieu': 'Schwuler Mann ermordet' (falls das Schwulsein für die Geschichte überhaupt von Bedeutung ist). Statt 'Ein Mann aus dem Homosexuellen-Milieu' einfach: 'Ein Schwuler'."

#1 Ali AsülAnonym
  • 20.08.2015, 12:41h
  • Was sind bestimmte Stellen im Berliner Tiergarten anders als "homosexuelles Milieu"? Dort trifft man auf drogenabhängige Stricher, Kriminelle und Roma-Jungs, die sich für Geld anbieten. Dieses Milieu unterscheidet sich durch nichts vom heterosexuellen Rotlichtmilieu in einem anderen Teil des Tiergartens.
    Kein Mensch bezeichnet den CSD oder die schwule Partyszene als "homosexuelles Milieu", aber im Fall des Tiergartens ist diese Bezeichnung angebracht.
    Oder muss man als schwuler Mann ALLES toll finden, nur weil es durch Schwule geschieht?
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#2 Harry1972
  • 20.08.2015, 12:47hBad Oeynhausen
  • Schlimm genug, daß da ein Mensch gewaltsam ums Leben gekommen ist.
    Geradezu ekelhaft, wie der Berliner Kurier diesen Umstand nutzt, um Schwule verächtlich zu machen und ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig die Bildungspläne sind.
    Dieser Homomilieu-Reflex ist auch immer wieder bei Aktenzeichen XY-Ungelöst zu beobachten.
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#3 HonestAbe
  • 20.08.2015, 12:56hBonn
  • Antwort auf #1 von Ali Asül
  • "Kein Mensch bezeichnet den CSD oder die schwule Partyszene als "homosexuelles Milieu", aber im Fall des Tiergartens ist diese Bezeichnung angebracht."

    Ach nein? Wo ist da bitteschön die willkürliche Linie? Mit "homosexuell" fühle ich mich nun mal in aller Breite angesprochen. Ist dann nicht auch bereits das Vorzimmer zu meinem Büro als "homosexuelles Millieu" zu bezeichnen? Mit solchen Begriffen wird absichtlich mit breitem Pinsel gemalt, um in bester "völkischer Manier" ganze Bevölkerungsgruppen zu diskreditieren. Dann sollen sich diese Schmierenjournalisten gefälligst ein treffenderes Wort aussuchen!
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