Unions-Fraktionschef Volker Kauder und Bundeskanzlerin Angela Merkel grübeln über ihr Abstimmungsverhalten (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
Der Lesben- und Schwulenverband fordert Politiker von Union und SPD auf, bei der Abstimmung über die Ehe-Öffnung nur dem Gewissen zu folgen.
Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat in einem Brief (PDF) alle Bundesabgeordneten von Union und SPD gebeten, bei den kommenden Abstimmungen über die Ehe-Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare ihrem freien Gewissen zu folgen. Entsprechende Initiativen haben sowohl die Oppositionsfraktionen Linke und Grüne sowie der Bundesrat eingebracht, die Debatten stehen im Herbst auf der Tagesordnung.
"Wir appellieren an Sie und Ihr freies Gewissen: Lassen Sie sich nicht in politische Geiselhaft nehmen für Überzeugungen, die Sie mit Ihren eigenen Werten nicht vereinbaren können!", heißt es in dem Brief an die 504 Abgeordneten von CDU, CSU und SPD. "Fassen Sie sich ein Herz und ermöglichen Sie mit Ihrer Stimme die #EheFürAlle! Sie haben es in der Hand und können einen bedeutsamen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland wieder Anschluss findet an die Entwicklung in anderen demokratischen Staaten."
Die parlamentarische Mehrheit ist eigentlich da
Eigentlich gibt es auch in der Bundesrepublik eine parlamentarische Mehrheit für die Ehe-Öffnung – in den Koalitionsverhandlungen mit der Union hatten sich die Sozialdemokraten mit dieser Forderung jedoch nicht durchsetzen können. Allerdings bröckelt die Abwehrfront bei CDU und CSU: Mehrere Bundestagsabgeordnete der Union haben sich in den vergangenen Monaten öffentlich für eine Gleichstellung von Lesben und Schwulen im Eherecht ausgesprochen.
CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder und CDU-Generalsekretär Peter Tauber haben eine freie Abstimmung bislang ausgeschlossen. Vorausgesetzt, dass die Opposition geschlossen für die Ehe für alle votiert, müssten mindestens 189 Politiker der Regierungsparteien aus der Koalitionsdisziplin ausscheren, damit Lesben und Schwule in Deutschland gleichgestellt werden. Die SPD hat 193 Sitze im Bundestag, die Union 311.
Als einziges Mitglied einer Regierungsfraktion hat bislang nur der bayrische SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner öffentlich angekündigt, auf jeden Fall für die Ehe-Öffnung zu stimmen – dafür erhielt er Ende Juli den"Homo-Orden" von queer.de. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, hatte bereits im Mai eine fraktionsübergreifende Initiative vorgeschlagen (queer.de berichtete).
Die Rückmeldungen der Abgeordneten auf den Brief wird der LSVD in Zusammenarbeit mit queer.de als Medienpartner auswerten. (mize)