Rund 5.000 Menschen sollen sich an dem Protest beteiligt haben
Auch in Polen mobilisieren jetzt Christen gegen Schulaufklärung über Homosexualität. Mit dabei: ein Vertreter der Heilbronner CDU.
Von Norbert Blech
Der christlich-konservative Rollback gegen LGBT-Rechte zieht immer neue europäische Kreise. Am Sonntag fand erstmals in der polnischen Hauptstadt Warschau eine Demonstration gegen Schulaufklärung über sexuelle Vielfalt statt.
Zu der Demo unter dem Motto "Stop deprawacji w edukacji" (Stoppt die Verwahrlosung im Bildungsbereich) versammelten sich mehrere tausend Menschen in der Innenstadt. Begonnen hatte der Tag mit einer vom zukünftigen Weihbischof der Stadt, Michael Janocha, gelesenen Messe in der Kirche St. Anna. Das Erzbistum hatte auf seiner Webseite zu der Teilnahme aufgerufen.
Organisiert wurde der Protest, der auch von mehreren Medien unterstützt wurde, von einem Bündnis aus rund 25 Gruppen und Organisationen. Der Sender Republika TV hatte wenige Stunden vor der Demonstration eine Talkshow mit Teilnehmern abgehalten. Im Vorjahr hatte es bereits einen ähnlichen Protest in Krakau gegeben.
Homophober Besuch aus aller Welt
Christoph Scharnweber (CDU) bei einer "Demo für alle" in Stuttgart
An der Kundgebung in der Warschauer Innenstadt nahmen mehrere Aktivisten aus dem Ausland teil, darunter die englische Abtreibungs-Gegnerin Antonia Tully, der französische "Manif pour Tous"-Aktivist Antoine Renard, Stefano Gennarini vom US-amerikanischen "Center for Family and Human Rights" und der Organisator einer Demonstration gegen LGBT-Rechte aus Rom.
Aus Deutschland war Christoph Scharnweber angereist. Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU Heilbronn ist ein reger Teilnehmer der "Demos für alle" in Stuttgart. Dort hatte er Bildungspläne "ohne Hemmungen und Schranken" als "Umerziehung" ebenso kritisiert wie einen "radikalen" und "absurden" Aktionsplan zum Abbau der Diskriminierung von LGBT.
In Warschau trat er als offizieller Vertreter der "Demo für alle" auf. Er lobte, wie in Polen "ein ganzes Volk aufgestanden ist gegen die Ideologie des Kommunismus": "Sie in Polen haben der ganzen Welt gezeigt, dass Sie sich nicht dauerhaft von einer Ideologie regieren lassen wollten, die die Werte des Christentums ablehnt und die Kirche zerstören will." Nun wolle er "ermutigen": "Wo neue moderne Ideologien und gottlose Philosophien heute das Familienleben unserer Länder bedrohen, gilt es erneut Widerstand zu leisten, aufzustehen und deutlich seine Stimme zu erheben."
Die Polen sollten Bildungspolitik "nicht den linken Einflüssen und den Lobbygruppen" überlassen, so Scharnweber, der beklagte, dass es in Deutschland eine "Frühsexualisierung teilweise schon in Kindergärten" gebe und dass "der moralische Verfall in Gesellschaft und Politik" zunehme. Eltern sollten selbst bestimmen dürfen, was den Kindern unterrichtet werde.
Youtube | Das Video, mit dem die Demo beworben wurde, spricht auch ohne Polnisch-Kenntnisse für sich
Streit um Sexualkunde geht weiter
Plakate bei dem Protest in Warschau
Gerieben hatte sich das Protestbündnis an Plänen der konservativen Bildungsministerin Joanna Kluzik-Rostkowska, den Sexualkundeunterricht zaghaft anhand von Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation zu reformieren. Bereits vor der Demo hatte sie nach dem Erhalt zahlreicher Protestschreiben angekündigt, die Pläne um ein Jahr zu verschieben.
Die "Demo für alle" informierte auf ihrer Webseite ausführlich über den Warschauer Protest, auch kath.net oder das AfD-Portal "Freie Welt" berichteten. Die nächste "Demo für alle" in Stuttgart, auf der sich Bürger laut einer Zusammenfassung auf der Webseite des polnischen Bündnisses gegen "immer perversere Formen" der Sexualerziehung wehren, ist für den 11. Oktober geplant, es ist bereits die siebte. Mehrere Organisationen haben zu einem Gegenprotest aufgerufen (queer.de berichtete).
Youtube | Video-Eindrücke des Protests vom Sonntag