Derartige Pornos sollen künftig in Kalifornien nicht mehr gedreht werden dürfen
Aids-Aktivisten setzen einen Volksentscheid gegen Bareback-Filme durch. Die Pornoindustrie hält das aber für eine Schikane gegen die Darsteller und kündigt ihren Widerstand an.
Gummipflicht in der Pornohochburg: Im November 2016 werden die Bürger Kaliforniens voraussichtlich darüber abstimmen, ob künftig in allen im Bundesstaat gedrehten Pornofilmen von den Darstellern Kondome genutzt werden müssen. Die Aids Healthcare Foundation (AHF) aus Los Angeles hatte die dafür notwendigen 360.000 Unterschriften gesammelt, um das Bareback-Verbot auf den Stimmzettel zu bringen. Nun wird geprüft, ob die Unterschriften gültig sind. Ist das der Fall, würde der Bundesstaat in den nächsten Wochen das Referendum offiziell bestätigen.
Der Gesetzentwurf (PDF) sieht vor, dass Darsteller in Pornofilmen vor sexuell übertragbaren Krankheiten geschützt werden müssten. Demnach müssen Kondome in Filmen zwar nicht zu sehen sein, allerdings müssen Produzenten bei Filmen ohne "sichtbare Kondome" beweisen, dass sie sich an das Gesetz gehalten haben.
Ein derartiges Bareback-Verbot war bereits Anfang 2012 in Los Angeles County eingeführt worden (queer.de berichtete). In einem Referendum stimmten 56 Prozent der Bevölkerung des Bezirks für das Verbot. Im kalifornischen Parlament gab es zudem bereits drei Anläufe, eine Kondompflicht in Erotikfilmen einzuführen, allerdings bislang ohne Erfolg.
Die Porno-Industrie wehrte sich gegen das Bareback-Verbot im Bezirk Los Angeles erfolglos mit einer Klage. Die Produzenten argumentierten, dass die in der US-Verfassung gesicherte freie Meinungsäußerung durch die Kondompflicht eingeschränkt werde; im Dezember 2013 lehnte aber ein Berufungsgericht die Klage ab (queer.de berichtete).
Pornoindustrie erwartet Klagewelle von Porno-Hassern
Laut dem Gesetzentwurf soll auch jeder Bürger Kaliforniens das Recht haben, bei einem vermeintlichen Verstoß eine Zivilklage gegen ein Porno-Label zu starten – und damit auch finanziell profitieren. Pornodarsteller und Interessenverbände laufen insbesondere gegen dieses Vorhaben Sturm. So wird befürchtet, dass beispielsweise Schwulenhasser gezielt gegen schwule Pornos Klagen einreichen – oder Porno-Gegner die Branche mit Klagen überziehen, so dass sie praktisch aus Kalifornien vertrieben wird.
Pornostar Chanel Preston, die Präsidentin der "Pornodarstellerkommission", erklärte etwa auf der Technologie-Nachrichtenseite "Vocativ": "Jeder Person oder Gruppe mit einer Anti-Porno-Agenda, jedem Zuschauer, der einen Pornodarsteller nicht mag, oder jeder übereifrigem Fan wird so die Macht gegeben, die Darsteller zu attackieren." Zwar richtet sich der Entwurf nicht direkt gegen Darsteller sondern hauptsächlich gegen Produzenten. Allerdings bieten viele Darsteller ihr Angebot auf eigenen Internetplattformen an und sind daher offiziell auch als Anbieter aktiv.
Kommt die Schutzbrillenpflicht?
Der Branchenverband "Free Speech Association" beschuldigt die Aids Healthcare Foundation, aus Eigennutz zu handeln sowie Steuer- und Spendengelder zu verschwenden. AHF-Chef Michael Weinstein wolle sich nur als "kalifornischer Pornobeauftragter" profilieren und so Pornodarsteller drangsalieren, erklärte der Verband. Kritisiert wurde auch, dass die AHF nicht beim Kondomverbot bleiben wolle, sondern beispielsweise durchsetzen wolle, dass alle Pornodarsteller während des Drehs Schutzbrillen tragen müssen.
Außerdem würden die Aids-Aktivisten Pornodarsteller mit anderen Methoden drangsalieren: Vor einer Woche hat Weinstein im Namen seiner Organisation beim Staat Kalifornien beispielsweise die Offenlegung aller medizinischen Untersuchungen beim Pornodreh verlangt. Die "Free Speech Association" protestierte und erklärte, dass auch Pornodarsteller ein Recht auf Privatsphäre hätten, insbesondere wenn es um sensible medizinische Daten gehe.
Zuletzt hat Kalifornien acht Milliarden Dollar im Jahr mit homo- und heterosexuellen Pornos umgesetzt. Seit dem Bareback-Verbot in Los Angeles sind dort allerdings die Produktionszahlen eingebrochen. Viele Produzenten verlegten ihre Drehs in Nachbarbezirke oder gar nach Florida oder Nevada. (dk)