Für viele homophobe Gläubige ist Kim Davis eine nationale Heldin
Im Streit um die Standesbeamtin, die keine Homosexuellen trauen will und deshalb in Beugehaft landete, gibt es keine Anzeichen auf eine Lösung – jetzt macht sogar ein Nazi-Vergleich die Runde.
Die Symbolfigur für den evangelikalen Widerstand gegen die Ehe-Öffnung für Schwule und Lesben in den USA, die Standesbeamtin Kim Davis aus Kentucky, sorgt weiterhin für kontroverse Debatten. Davis war am Donnerstag von einem Bundesrichter in Beugehaft genommen worden, weil sie sich geweigert hatte, nach der Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht Heiratswillige zu trauen oder von ihren Mitarbeitern trauen zu lassen (queer.de berichtete). Sie begründete diese Verweigerung ihrer Arbeit mit ihrem christlichen Glauben, nach dem die gleichgeschlechtliche Ehe eine Sünde sei – und ignorierte zwei Gerichtsurteile gegen sie.
Am Wochenende haben sich Hunderte Demonstranten vor dem Gefängnis in der Kleinstadt Grayson versammelt, in dem Davis eingesperrt wurde. Die Unterstützer der Bürokratin trugen Schilder mit Aufschriften wie "Kim Davis for President", "Christliche Heldin" oder "Nein zu sodomistischer Perversion". Ihr gegenwärtiger Ehemann Joe Davis erklärte auf der Veranstaltung: "Sie wird nicht nachgeben, das verspreche ich."
Anwalt legt Einspruch gegen Beugehaft ein
Der Mugshot von Kim Davis (vom Donnerstag)
Davis' Anwalt Mathew Staver erklärte am Sonntag, er habe für seine Mandantin Berufung eingelegt. Er sagte, dass Davis weder von ihrem Amt, in das sie vom Volk gewählt worden ist, zurücktreten werde, noch dass sie gegen ihren Glauben Ehescheine an gleichgeschlechtliche Paare ausstellen werde.
Staver ist selbst ein Aktivist gegen LGBT-Rechte. Er gehörte 1989 zu den Gründungsmitgliedern der Juristenorganisation Liberty Counsel, die hauptsächlich für ein Verbot von Homosexualität und Abtreibung eintritt. Er hat die strafrechtliche Verfolgung von Davis vergangene Woche in einem Radiointerview bereits mit denen von Juden im Dritten Reich gleichgesetzt: "Damals in den Dreißigerjahren hat es mit den Juden angefangen. Sie wurden aus Ämtern entfernt, dann wurden sie boykottiert, dann stigmatisiert und dann in die Gaskammern gesteckt", so Staver. "Das ist die neue Verfolgung von Christen hier in diesem Land."
Madonnas Bruder stellt sich hinter Davis
In sozialen Netzwerken war Davis über das Wochenende eines der Top-Themen – mit einigen Kontroversen: So unterstützte Madonnas schwuler Bruder, Christopher Ciccone, die Standesbeamtin. "Müssen wir sie vernichten, damit sie ihren Glauben verrät?", fragte er am Samstag auf Facebook. Er beschuldigte die "Gay Community", "schlechte Gewinner" zu sein.
Auch viele der republikanischen Präsidentschaftskandidaten unterstützen Davis (queer.de berichtete). So appellierte der Gouverneur von Louisiana, Bobby Jindal, dass niemand wegen seines Glaubens aus dem Amt gejagt werden dürfe. LGBT-Aktivist Matt Baume erinnerte aber daran, dass Jindal 2009 selbst einen Standesbeamten scharf kritisiert hatte, weil dieser einem Paar die Ehe verweigerte – damals handelte es sich aber nicht um ein gleichgeschlechtliches Paar, sondern um ein gemischtrassiges heterosexuelles. Die Ablehnung dieser "interracial marriage" war bis zu Legalisierung Ende der Sechzigerjahre ebenfalls auf die Bibel zurückgeführt worden. (dk)