Das evangelikale Magazin fasste den Auftritt von CDU-Mitglied Birgit Kelle auf einer CDU-Veranstaltung mit deutlichen Worten zusammen
Von der Öffentlichkeit unbemerkt trat die homophobe Autorin am letzten Freitag erneut auf einer CDU-Veranstaltung auf.
Von Norbert Blech
Viel Wirbel hatte es um die gestrige Sendung "Hart aber Fair" gegeben, in der erneut die Autorin und reaktionäre Aktivistin Birgit Kelle auftrat, die auf allen erdenkbaren Plattformen bis hin zur "Jungen Freiheit" gegen Feminismus ebenso polemisch austeilt wie gegen "Gender Mainstreaming" und LGBT-Rechte.
Vielzu unebachtet blieb hingegen, dass die 40-Jährige am letzten Freitag erneut auf einer CDU-Veranstaltung auftrat – zusammen mit einem Spitzenkandidaten der Partei für eine anstehende Landtagswahl. Guido Wolf, der Fraktionsvorsitzende der CDU in Baden-Württemberg, war dafür extra nach Bruchsaal bei Karlsruhe zu einer Veranstaltung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU gekommen.
Das evangelikale Magazin idea, dass "Gender-Ideologie zersetzt die Familie" als Fazit des Abends und Überschrift für seine Berichterstattung wählte, meldet, Kelle habe der "LSBTTI-Lobby" vorgeworfen, "immer dreister und totalitärer aufzutreten", um andere Meinungsäußerungen zu verhindern. Auch habe das CDU-Mitglied den "breiten Widerstand" gegen ein "staatliches Umerziehungsprogramm an Baden-Württembergs Schulen" gelobt.
Wahlkampf gegen "Gesinnungsunterricht"
Der vermeintlich breite Widerstand drückt sich größtenteils in den homophoben "Demos für Alle" aus, die vom Büro der AfD-Europaabgeordneten Beatrix von Storch organisiert werden. Zu dem Protestbündnis gehörten aber auch immer wieder mehrere evangelische Arbeitskreise der CDU, Birgit Kelle sprach einmal selbst vor den Demonstranten.
Wie seine CDU hatte sich Guido Wolf mehrfach selbst auf die Seite der Bildungsplan-Gegner gestellt. In Bruchsal kündigte er laut "idea" an, "im Fall seiner Wahl zum nächsten baden-württembergischen Ministerpräsidenten 'Politik für die Mitte und das Ganze der Gesellschaft' zu machen, statt Randgruppen zu hofieren".
Während der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach auf der Veranstaltung vor "politischen Ideologien" warnte, sprach der Theologe Michael Kotsch, Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft für Weltanschauungsfragen", vom Bildungsplan im Ländle als "staatlich verordneten Gesinnungsunterricht". "Die LSBTTI-Lobby versuche, mit ihrer Propaganda die Vorgaben des Grundgesetzes und der Landesverfassung außer Kraft zu setzen", so Kotsch in der Zusammenfassung von idea. Das Vorgehen verglich er demnach mit islamistischen Gruppen und Mitteln wie einer "Scharia-Polizei".
"Gekränkte Minderheiten"
Kelle war in den letzten Monaten mehrfach auf CDU-Veranstaltungen aufgetreten, darunter kürzlich in Düsseldorf mit einer örtlichen Bundestagsabgeordneten (queer.de berichtete) oder auch im Februar mit CDU-Generalsekretär Peter Tauber (queer.de berichtete).
Das war kurz vor der ersten "Hart aber Fair"-Sendung mit Kelle zum Rundumschlag-Thema "Gender", die eine derartige journalistische Fehlleistung wurde, dass sie vom Rundfunkrat als "unseriös" getadelt wurde. Der WDR entfernte die Sendung auch aus der Mediathek, nach einem "Zensur"-Aufschrei ließ er sie aber wieder veröffentlichen – und Plasberg lud die gleichen Gäste erneut zur Diskussion.

Das ging erneut in die Hose: Statt mit Experten über journalistische Qualität zu streiten und redaktionelle Entscheidungen verständlich zu erklären, ging es quälend lange um "Meinungsfreiheit" und "Debattenkultur" – was vor allem Populisten wie Kelle zu gute kommen wird. Und im inhaltlichen Teil, der in seiner Kürze erneut wenig Aufklärung brachte, konnte die erzreaktionäre Publizistin wieder homophobe Äußerungen absetzen: "Gender Mainstreaming" kümmere sich doch längst nicht mehr um das Verhältnis zwischen Männer und Frauen, sondern um eine "Vielzahl der Geschlechter" und in Wirklichkeit um eine Vielzahl der sexuellen Orientierungen, behauptete sie.
Dass der ganze Anti-"Gender"-Aufschrei von Rechts letztlich nichts anderes ist als Warnung vor einer Art gefährlichen Homo-"Propaganda", dass gezielt mit Vorurteilen Stimmung gemacht wird, wurde dann freilich nicht weiter analysiert, die Warnung Kelles blieb so stehen. Einen weiteren Punkt konnte sie landen, als sie von "gekränkten Minderheiten" sprach, die sich immer über TV-Sendungen beschwerten, auch von Minderheiten, "die sich diskriminiert fühlten". Diese Aussage einer Frau, die sich immer wieder über eine Diskriminierung Heterosexueller oder eine vermeintliche Zensur ihrer Meinungen beklagt, blieb ebenfalls größtenteils unwidersprochen.
"Hart aber fair" mit Frank Plasberg: "Der Gender-Streit: Was darf zu Mann und Frau gesagt werden?"
www.fr-online.de/tv-kritik/-hart-aber-fair---ard-plasbergs-l
ustiger-genderstadl,1473344,31743508.html