Vor der Länderkammer demonstrierten Aktivisten des LSVD und Oppositionsparteien für die Gleichbehandlung von Homo-Paaren im Eherecht (Bild: Claudia Kristine Schmidt)
Die Mehrheit der Bundesländer setzt sich für die Ehe für alle ein. Der Vertreter Bayerns warnte allerdings, dass die Ehe-Öffnung der demografischen Entwicklung schaden könne.
Von Dennis Klein
Der Bundesrat hat am Freitagvormittag den "Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" (PDF) beschlossen. Damit erhöht die Länderkammer den Druck auf den Bundesregierung, die sich nun mit dem Entwurf befassen muss, da er im Bundestag landet. Bereits vor drei Monaten hatte der Bundesrat in einem Entschließungsantrag das Ende der Ungleichbehandlung von schwulen und lesbischen Paaren gefordert (queer.de berichtete). Vor dem Bundesratsgebäude demonstrierten vor der Debatte Aktivisten des Lesben- und Schwulenverbandes und der Opposition für die Gleichbehandlung.
Der neue Antrag wurde von neun Bundesländern – Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Thüringen und Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – eingebracht. Keine Unterstützung erfuhr die Forderung nach Gleichbehandlung im Ehe-Recht dagegen aus allen sieben Bundesländern, in denen CDU oder CSU an den Landesregierungen beteiligt sind, darunter auch Berlin und Hessen.
In der kurzen Debatte begründeten drei grüne Landesministerinnen, Irene Alt aus Rheinland-Pfalz, Antje Niewisch-Lennartz aus Niedersachsen und Katharina Fegebank aus Hamburg, warum die Gleichstellung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht geboten ist. Einziger Gegenredner war der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU).
Bausback: Besonderer Schutz nur für Heteros
Bausback hatte bereits im Juni in der Länderkammer vor einem "Angriff auf die Ehe" gewarnt und gefordert, die heterosexuelle Ehe "zu verteidigen". Jetzt schlug er in dieselbe Kerbe: Zunächst argumentierte der Jura-Professor formal, dass sich der "besondere Schutz von Ehe und Familie" im Grundgesetz nur auf heterosexuelle Paare beziehe. Daher sei für eine Ehe-Öffnung eine Verfassungsänderung samt Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat notwendig – der Bundesratsentwurf ändert einfach das Bürgerliche Gesetzbuch. Dass sich rund 70 Prozent der Deutschen für die Gleichbehandlung aussprechen, sei auch kein Argument: "Unsere Verfassung gilt nicht nach Maßgabe von Meinungsumfragen", so Bausback.
Justizminister Winfried Bausback (CSU)
Der CSU-Politiker erklärte ferner, warum er die Ehe-Öffnung für grundfalsch hält: Bei einer Hochzeit gehe es nicht um das "private Glück jedes Einzelnen", sondern um Kinder. Dieses Thema sei "angesichts unserer demografischen Entwicklung heute aktueller denn je". Warum sich bei einer Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben Heterosexuelle aber plötzlich entscheiden sollten, keine Kinder mehr zu kriegen, erklärte er nicht. Er deutete dafür an, dass bei einer Gleichstellung die Freiheit in Gefahr sei, denn die exklusive Ehe zwischen Mann und Frau sei "besonders freiheitssichernd".
Alt: "Es ist genug Ehe für alle da"
Die drei grünen Ministerinnen konnten diese Argumentation nicht nachvollziehen. Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt wies vielmehr darauf hin, dass es unfair sei, dass Jugendämter geradezu nach gleichgeschlechtlichen Pflegeeltern suchten, der Gesetzgeber diesen aber das Recht auf Volladoption verweigert. "Es ist genug Ehe für alle da", sagte Alt.
Integrationsministerin Irene Alt (Grüne)
Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) erklärte, das Bundesverfassungsgericht habe bereits in den Neunzigerjahren festgestellt, dass sich das Eheverständnis ändern könne – und dann auch ändern solle.
Und die Hamburger Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank versuchte, dem CSU-Minister Bausback die Verlustängste zu nehmen: "Kein Paar, das heute verheiratet ist, muss fürchten, dass es auf irgendetwas verzichten muss."
Debatten gehen weiter
In den nächsten Monaten wird die Opposition im Bundestag wohl den Druck auf die Große Koalition aufrecht erhalten. "Frau Merkel, geben Sie die Blockade auf und lassen sie die Bundestagsabgeordneten frei und ohne Zwang über den Gesetzentwurf des Bundesrates abstimmen!", forderte etwa der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck am Freitag nach der Bundesratsabstimmung. Bereits am Montag befasst sich der Rechtsausschuss des Parlaments mit weiteren Anträgen von Grünen und Linken zur Ehe-Öffnung wie auch mit einem Gesetz des Justizministeriums, das weitere kleine Ungleichbehandlungen beseitigen soll und am Donnerstag im Bundestag in erster Lesung beraten wurde (queer.de berichtete).
Diese Gesetzesentwürfe werden allerdings voraussichtlich von der Großen Koalition im Bundestag abgelehnt werden. Nach dem Nein zu einer Ehe-Öffnung bei einem Mitgliederentscheid der Berliner CDU und entsprechenden Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel war es über die Sommer-Pause in der Frage ruhig geworden – das Momentum nach den Ehe-Öffnungen in Irland und den USA scheint verflogen.
Befürworter der Ehe für alle in der Großen Koalition haben immer wieder auf den CDU-Parteitag im Dezember verwiesen, in dem eine Änderung der Position möglich sei. Noch ist allerdings unklar, ob es dort überhaupt einen Antrag zum Thema geben wird. Und auch die störrische CSU, die das Ende der Ausländer-Maut und der Herdprämie noch nicht verwunden hat, wird ein Wörtchen mitreden wollen.
Das bringt nur leider überhaupt nichts, solange unsere schwarz-rote Bundesregierung weiter blockiert...