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Bundespräsident Joachim Gauck fordert eine "Rückbindung aller an unumstößliche Werte" (Bild: Dirk Vorderstraße, by 2.0)

  • 3. Oktober 2015, 15:34h 63 3 Min.

Zum 25. Jubiläum der Wiedervereinigung wandte sich der Bundespräsident sowohl an Flüchtlinge als auch indirekt an die Bundesregierung.

Von Micha Schulze

Die Integration von Flüchtlingen werde für Deutschland schwieriger als die Gestaltung der Wiedervereinigung vor 25 Jahren. Das sagte Bundespräsident Joachim Gauck am Samstag in seiner Rede beim zentralen Festakt zum Tag der deutschen Einheit in der Alten Oper in Frankfurt. Es sei "eine Herausforderung, die Generationen beschäftigen wird".

"Unsere Werte stehen nicht zur Disposition!", sagte Gauck laut dem schriftlich verbreiteten Manuskript. "Sie sind es, die uns verbinden und verbinden sollen, hier in unserem Land."

Der Bundespräsident nannte konkrete Beispiele: "Hier ist die Würde des Menschen unantastbar. Hier hindern religiöse Bindungen und Prägungen die Menschen nicht daran, die Gesetze des säkularen Staates zu befolgen. Hier werden Errungenschaften wie die Gleichberechtigung der Frau oder homosexueller Menschen nicht in Frage gestellt."

Der letzte Abschnitt kann nicht nur als direkte Ermahnung insbesondere an Flüchtlinge verstanden werden, sondern auch als Appell an die Bundesregierung, die Gleichstellung von Lesben und Schwulen endlich zu vollenden. Denn noch immer werden gleichgeschlechtliche Paare im Eherecht diskriminiert. Gauck, der seine Worte stets wohl überlegt, dürfte bewusst nicht etwa nur von "Toleranz" gegenüber Lesben und Schwulen gesprochen haben. Wünschenswerte deutlichere Worte lässt die vom Bundespräsidenten geforderte tagespolitische Zurückhaltung leider nicht zu.

Langjähriger Einsatz für LGBT-Rechte

Überraschend kommt Gaucks Einsatz für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen nicht: In seiner Amtszeit hat der Bundespräsident mehrfach LGBT-Rechte thematisiert, etwa bei einer Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf (queer.de berichtete). Bereits 2013 hatte er die Gleichstellung eingetragener Lebenspartner in Deutschland angemahnt (queer.de berichtete).

Beim evangelischen Kirchentag im Juni in Stuttgart beantwortete Gauck eine Frage zur Ehe-Öffnung mit dem Hinweis, dass sein Glaube und sein "unbedingtes Ja zur Aufklärung" zueinander passten (queer.de berichtete). Und erst im Juli sprach sich der Bundespräsident in einem Interview mit der "Irish Times" für eine "stärkere Debatte" über die Ehe-Öffnung aus. Eine Gleichstellung homosexueller Paare nähme anderen nichts weg (queer.de berichtete).

Das Grundgesetz als gemeinsame Wertegrundlage

In der Alten Oper forderte Gauck am Samstag eine "gemeinsame Wertegrundlage" aller in der Bundesrepublik lebenden Menschen, wie sie das Grundgesetz biete: "Gerade weil in Deutschland unterschiedliche Kulturen, Religionen und Lebensstile zuhause sind, gerade weil Deutschland immer mehr ein Land der Verschiedenen wird, braucht es die Rückbindung aller an unumstößliche Werte. Einen Kodex, der allgemein als gültig akzeptiert ist."

Entschieden wandte sich der Bundespräsident gegen Ausländerfeindlichkeit: "In einer offenen Gesellschaft kommt es nicht darauf an, ob diese Gesellschaft ethnisch homogen ist, sondern ob sie eine gemeinsame Wertegrundlage hat. Es kommt nicht darauf an, woher jemand stammt, sondern wohin er gehen will, mit welcher politischen Ordnung er sich identifiziert."

Zum Ende seiner Rede lobte Gauck die deutsche Demokratie und zeigte sich optimistisch, dass die Integration der Flüchtlinge ebenso gelingen werde wie die deutsche Einheit: "Wir kennen keine andere Gesellschaftsordnung, die im Widerstreit von Lebensstilen, Meinungen und Interessen zu so weitgehender Selbstkorrektur fähig ist. Wir kennen auch keine Gesellschaftsordnung, die sich so schnell neuen Bedingungen anzupassen und zu reformieren vermag."

Auch dies ist an ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Kanzlerin mit dem Bauchgefühl.

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-w-

#1 TorbyAnonym
  • 03.10.2015, 17:50h

  • Ich finde unseren Bundespräsidenten super. Nicht nur das Thema Gleichstellung sondern auch viele weitere Themen spricht er offen und ehrlich an. Ich kann nicht sagen das er zum Politischen Mainstream gehört !
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#2 ursusEhemaliges Profil
  • 03.10.2015, 17:56h
  • >"Hier werden Errungenschaften wie die Gleichberechtigung der Frau oder homosexueller Menschen nicht in Frage gestellt."

    wovon faselt der mann? deutschland kann er nicht meinen, denn diese gleichberechtigung ist erstens nicht vollendet und wird zweitens AN JEDEM EINZELNEN TAG frage gestellt. von einzelnen menschen, von organisationen, von religionen, von politiker_innen und sogar von der regierung.

    und jetzt sollen plötzlich "die fremden" als kontrastmittel herhalten, damit sich sich eine reaktionäre gesellschaft in den liberalsten farben malen kann?

    dieses spiel ist einfach nur erbärmlich.
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#3 SebiAnonym
  • 03.10.2015, 17:57h
  • Schön, dass der Bundespräsident sich wieder für unsere Rechte einsetzt und unsere Gleichstellung fordert.

    Aber auch das wird bei der schwarz-roten Bundesregierung wieder auf taube Ohren stoßen.

    Eine Regierung, die sich weder für das deutsche Grundgesetz und den demokratischen Gleichheitsgrundsatz, noch für das Bundesverfassungsgericht oder die Meinung des Volkssouveräns interessiert, wird sich auch nicht für die Mahnungen des Bundespräsidenten interessieren.
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