In den Südstaaten wiederholt sich die Geschichte: Vor 50 Jahren kämpften konservative Gläubige gegen die gemischtrassige heterosexuelle Ehe, heute kämpfen sie gegen die gleichgeschlechtliche Ehe
Nicht nur Kim Davis versucht, die Ehe-Öffnung zu hintergehen. In Alabama weigern sich Standesbeamte in jedem siebten Bezirk, Ehen zu schließen – mit Hilfe eines rassistischen Gesetzes.
In Alabama können Heiratswillige in neun von 67 Bezirken keine Ehen in Standesämtern mehr schließen, weil die Beamten aus religiösen Gründen keine gleichgeschlechtlichen Ehen akzeptieren. Wie die Nachrichtenagentur AP berichtet, berufen sich die Standesbeamten auf ein 54 Jahre altes, längst vergessenes Gesetz, das einst die Rassentrennung im Land aufrecht erhalten sollte.
Im Jahr 1961 hatte das Parlament in der Hauptstadt Montgonmery ein Gesetzespaket verbaschiedet, in dem unter anderem erklärt wird, dass die Standesämter Ehezertifikate ausstellen "dürfen" – zuvor hatte es geheißen, dass diese Papiere ausgestellt werden "müssen". Mit dem Gesetz wollten sich die äußerst konservativen Abgeordneten in Alabama dem Druck anderer US-Staaten widersetzen, die forderten, das Verbot von gemischtrassigen Ehen in den Südstaaten aufzuheben. Der Supreme Court erklärte das Verbot 1967 schließlich für verfassungswidrig – neben Alabama hatten zu diesem Zeitpunkt 15 weitere Staaten derartige Verbote.
Zwar musste das Ehe-Verbot für gemischtrassige, heterosexuelle Paare nach der Entscheidung der Höchstrichter aufgehoben werden – und wurde schließlich im Jahr 2000 aus der Verfassung von Alabama gestrichen. Das Gesetz für die Standesämter blieb aber weiterhin gültig.
Mehrere Standesbeamte haben jetzt vor Gerichten in Alabama Klagen dagegen eingereicht, dass sie Ehescheine an Schwule und Lesben ausgeben müssen. Sie berufen sich dabei auf die Religionsfreiheit – als Christen dürften sie Homosexuelle im Ehe-Recht nicht gleichbehandeln. So erklärten die Standesbeamten Nick Williams aus dem Bezirk Washington und John Enslen aus dem Bezirk Elmore in ihrer Klage, dass die Ehe-Öffnung dazu beitrage, "die Familie und die Religionsfreiheit zu zerstören, ebenso wie alle Prinzipien, die Amerika großartig gemacht haben". Ferner meinten sie, dass sich die USA nicht über "Gottes Gebote" hinwegsetzen dürften.
Experten: Ehe für alle nicht in Gefahr
Die Ehe für alle ist allen ernstzunehmenden Rechtswissenschaftlern zufolge durch die Klagen nicht in Gefahr; es handle sich dabei um die letzten juristischen Scharmützel. Sie ziehen selbst eine Parallele zum Ende des Verbotes der gemischtrassigen Ehen: Auch hier gab es einige Jahre lang Klagen gegen die Liberalisierung; insbesondere christliche Kirchen in den Südstaaten erklärten, dass die Bibel die Vermischung der Rassen verbiete – mit Verweis auf die Geschichte des Turmbaus zu Babel, in dem Gott die Rassen getrennt habe. Diese Einsprüche führten jedoch nicht zum Erfolg. Nach ein paar Jahren kippte zudem die öffentliche Stimmung und es kristallisierte sich auch in den Südstaaten eine Mehrheit in der Bevölkerung heraus, die sich gegen das Verbot der gemischtrassigen Ehe aussprach.
Bereits 2006 versuchte Mitt Romney, der damalige Gouverneur von Massachusetts, mit einem ähnlichen Gesetz aus Zeiten der Rassentrennung, gleichgeschlechtliche Ehen in seinem Bundesstaat zu verhindern (queer.de berichtete). Das Gesetz wurde zwei Jahren später abgeschafft (queer.de berichtete). (dk)
1. Ganz unabhängig von den aktuellen Vorfällen gehört dieses rassistisch. Gesetz abgeschafft.
2. Die Beamten, die sich der Rechtsprechung des obersten US-Gerichts widersetzen und sich weigern, ihren Job zu machen gehören bestraft und entlassen.
Wenn jemand einen Job nicht machen will, muss er sich halt einen neuen suchen. Es gibt genug andere, die händeringend einen Job suchen und die ihre Aufgaben nicht verweigern würden.