Der Kölner Facharzt Tim Kümmerle begrüßt die neuen Therapien gegen Hepatitis C, weist jedoch auch auf die Wichtigkeit der korrekten Einnahme der Medikamente hin
Die neuen Medikamente gegen Hepatitis C bringen große Heilungschancen bei spürbar weniger Nebenwirkungen. Facharzt Dr. Tim Kümmerle über das erste Behandlungsjahr.
Etwa ein Jahr sind die neuen Therapien gegen Hepatitis C auch in Deutschland im täglichen Einsatz. "Für unsere Patientinnen und Patienten hat sich die Situation extrem erleichtert", berichtet Facharzt Dr. Tim Kümmerle, der in der Infektionsambulanz der Universitätsklinik Köln und in einer HIV-Schwerpunktpraxis praktiziert.
Die Zahl der Hepatitis-C-Diagnosen sei seit einigen Jahren auf einem konstant hohen Niveau, sagt Dr. Kümmerle. "Wir beobachten gerade in den letzten Monaten einen Anstieg der Infektionen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass viele Patienten mit einer chronischen Hepatitis C gewartet haben, um sich dann mit den neuen Therapien behandeln zu lassen. Dadurch bestand in den letzten Monaten eine erhöhte Infektionsmöglichkeit."
Bei Schwulen finde man die Infektion häufig früh. "Der sexuell aktive Mann, der zu uns in die Uni-Infektionsambulanz oder die HIV-Schwerpunktpraxis kommt, sagt, ich mache regelmäßig Tests, damit ich weiß, was los ist und mich behandeln lassen kann." Wer eine Diagnose bekommt, kann häufig benennen, wie er sich seine Hepatitis C geholt hat. "Der schwule Mann weiß, dass die Übertragungswege ähnlich wie bei HIV sind, dass winzige Blutmengen beim Fisten oder Drogengebrauch eine Rolle spielen." Viele seiner schwulen Patienten seien HIV-positiv. "Häufig kommen sie schon mit Doppelinfektionen zu uns, oder zu einer bestehenden HIV-Infektion kommt später noch eine Hepatitis C dazu."
"Ein himmelweiter Unterschied"
Die alten und die neuen Behandlungsformen seien überhaupt nicht zu vergleichen, sagt der Spezialist. "Das ist ein himmelweiter Unterschied. Die meisten Patienten sagen, dass sie kaum Nebenwirkungen verspüren. Man sieht ganz schnell einen Erfolg, die Viruslast ist nicht mehr nachweisbar. Das ist auch für die Motivation der Patienten gut. Die Patienten müssen jetzt meist nur einmal im Monat zu Kontrollen kommen."
Bei den alten Therapien seien dagegen zum Teil wöchentliche Blutabnahmen erforderlich gewesen. "Viele Patienten haben gewartet, weil die bisherigen Medikamente schlecht verträglich waren und die Behandlung sehr kompliziert war. Manche haben die Therapie wegen zu starker Nebenwirkungen wieder abgebrochen. Andere haben gesagt, ich hatte vor Jahren schon mal so eine Therapie, das möchte ich nicht noch mal durchmachen. Die paar Monate bis zur Einführung der neuen Medikamente halte ich aus."
Behandlung in der Regel drei Monate
Die Patienten im Kümmerles Praxis reagieren ganz unterschiedlich auf ihre Diagnose. "Schwule Männer, die vielleicht auch andere Infizierte in ihrem Bekanntenkreis haben oder selbst schon mal wegen einer Hepatitis C behandelt wurden, wissen mehr darüber als die Leute, die das plötzlich von ihrem Hausarzt erfahren und aus allen Wolken fallen", erzählt der Facharzt. "Viele sind aber doch erschrocken. Sie haben große Sorgen, dass die Behandlung sehr kompliziert wird und sind dann positiv überrascht, wenn wir ihnen sagen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit geheilt werden können."
Doch müsse man bei der Behandlung der Hepatitis C noch mal mehr auf die korrekte Einnahme hinweisen als bei anderen Therapien. "Es ist ja eine vorübergehende, meist drei Monate dauernde Therapie, und die Medikamente sind nur maximal zweimal täglich einzunehmen", erklärt Dr. Kümmerle. "Wir sagen den Patienten, es ist ganz wichtig, dass ihr gut mitarbeitet und keine Einnahme vergessen wird. So ist sichergestellt, dass die sehr kostenintensive Therapie funktioniert."
Tim Kümmerle hofft wie seine Kollegen, "dass wenn jetzt mehr Leute behandelt werden, auch die Neuinfektionsraten mit ein wenig zeitlicher Verzögerung zurückgehen. Aber klar ist, wenn die Sexualität, die der Patient mag, ein Risiko beinhaltet, dann kann es auch erneut zu einer Ansteckung kommen. Da ist jeder gefragt, sich selbst zu schützen." (dd)
Das ausführliche Interview mit Dr. Tim Kümmerle erscheint in der nächsten Ausgabe der "LhivFE". Das Magazin für Menschen, die mit HIV und Hepatitis C leben, wird vom BioPharma-Unternehmen AbbVie herausgegeben und kann im kostenlosen Abo unter lhivfe-magazin@allround-team.com bestellt werden.
Aber es sollte weiter geforscht werden, so dass dann irgendwann nicht mehr "nur" eine "große Mehrzahl" geheilt werden kann, sondern alle.
Und auch die Erforschung anderer Krankheiten (AIDS, Krebs, Alzheimer, Parkinson, etc.) sollte weiter vorangetrieben werden. Das Geld, was in Rüstung fließt, sollte lieber in die Erforschung und Bekämpfung von Krankheiten gesteckt werden...