Auch in Deutschland sind Homo-"Heiler" wie "Wüstenstrom" aktiv. Ein von der Organisation "beratener" Schwuler trat am letzten Sonntag bei der "Demo für alle" in Stuttgart auf. (Bild: demo fuer alle / flickr / by 2.0)
Die sogenannte "Konversionstherapie" ist schädlich und gehöre verboten, meint die Gesundheitsbehörde. In Deutschland bleibt sie erlaubt.
Von Norbert Blech
Das Ministerium für Gesundheitspflege und Soziale Dienste der Vereinigten Staaten hat am Donnerstag einen neuen, umfassenden Bericht (PDF) vorgestellt, der sogenannte "Konversionstherapien" unter die Lupe nimmt. Entsprechende Behandlungen, die auf eine "Änderung" der sexuellen Orientierung abzielen, werden im Volksmund oft Homo-"Heilung" genannt, weil sie zumeist von religiösen Organisationen angeboten werden.
Das Ziel müsse sein, solche Therapieangebote zu beenden und stattdessen LGBT-Jugendliche zu unterstützen und zu bestätigen, heißt es bereits in der Überschrift des 76-seitigen Berichts. Es sei wissenschaftlicher Konsens, dass eine Konversionstherapie – "Versuche, die sexuelle Orientierung, die Gender-Identität oder den Ausdruck des Geschlechts eines Individuums zu ändern" – nicht von "plausiblen Belegen" unterstützt werde.
Vielmehr riskierten entsprechende Therapien, die Jugendlichen ernsthaft in ihrer Gesundheit zu gefährden. Unter anderem die American Psychiatric Association, die American Psychological Association und die National Association of Social Workers lehnen daher solche Behandlungen ab.
Positive Begleitung statt Intervention
Der Bericht der Gesundheitsbehörde enthält zahlreiche Empfehlungen zum bejahenden Umgang mit LGBT-Jugendlichen
Der von der Unterbehörde zu mentaler Gesundheit verfasste Bericht hält als wissenschaftlichen Konsens fest, dass eine gleichgeschlechtliche Orientierung und Variationen der Geschlechtsidentität "Teil des normalen Spektrums der menschlichen Vielfalt sind und keine Geistestörung darstellen". Keine Untersuchung habe bislang ergeben, dass Therapien zur seelischen Gesundheit oder zum Verhalten eine sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität ändern könnten.
Entsprechende Interventionen mit einem vorgebenen Ziel verstärkten gefährliche Vorurteile und seien gefährdend, zumal Jugendliche ein besonders verwundbarer Teil der Bevölkerung seien und vor unfreiwilligen oder erzwungenen Therapien kaum geschützt sind.
Der Bericht schlägt vor, entsprechende Therapien an Jugendlichen zu verbieten – vier Bundesstaaten und der Hauptstadtbezirk haben das bereits getan, Präsident Barack Obama hatte im April alle Staaten dazu aufgerufen (queer.de berichtete). Jugendliche sollten stattdessen in ihrem Recht, die eigene Identität zu entdecken, zu definieren und zu äußern, unterstützt werden, heißt es in dem Bericht weiter; er enthält zahlreiche Empfehlungen, wie diese "positive" Unterstützung ausgebaut werden könne.
Homo-"Heilung" in Deutschland
In diesem Jugendmagazin der evangelikalen Organisation "Die Apis" durften Organisationen wie "Wüstenstrom" 2011 ihre Arbeit vorstellen, zwei Jahre später besuchte die Bundeskanzlerin den Verein (queer.de berichtete)
In Deutschland hatten sich die aktuelle wie die vorherige Bundesregierung bislang geweigert, Konversionstherapien zu verbieten (queer.de berichtete). Eine NDR-Reportage hatte zugleich ergeben, dass manche Ärzte entsprechende Therapien bei den Krankenkassen abrechnen (queer.de berichtete).
Für die "Heilung" Homosexueller in Deutschland setzen sich insbesonders evangelikale Organisationen wie das "Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft" unter Dr. med Christl Ruth Vonholdt und das "Weiße Kreuz" ein, größtenteils mit Unterstützung der Dachverbände wie der "Evangelischen Allianz".
Besonders bekannt ist die evangelikale Organisation "Wüstenstrom" mit Sitz in Baden-Württemberg, von der man gerichtsfest behaupten darf, dass sie versucht, Menschen "umzupolen". Homosexualität wird in den "Therapien" als Symptom eines entwicklungspsychologischen Konflikts dargestellt.
Inzwischen geht "Wüstenstrom"-Chef Markus Hoffmann neben der "Heilung" einen weiteren Weg: Er hat die "Bruderschaft des Weges" gegründet, deren Mitglieder ihre Homosexualität zwar akzeptieren, aber nicht ausleben wollen. Ein Mitglied der Gruppe machte in dieser Woche Schlagzeilen, indem es bei der homophoben "Demo für alle" in Stuttgart auftrat (queer.de berichtete).
Marcel, der sich ursprünglich an "Wüstenstrom" gewandt hatte, um dort seine Homosexualität "wegzukriegen", sagte dort, dass seine Sexualität durch Missbrauchserfahrungen in der Kindheit geprägt sei (in einem früheren Zeitungsbericht ist dazu von Gewalt durch die Mutter die Rede). Inzwischen sei ihm klar, dass er "in einem homosexuellen Kontakt nur die Abneigung gegen mich selbst überwinden" wollte – was nach einer sehr kritikwürdigen "Therapie" durch "Wüstenstrom" klingt. Er sei nun Teil einer Gemeinschaft von Männern, die "ihre Homosexualität aus Gründen eigener Einsicht oder ihrer christlichen Glaubensüberzeugungen nicht leben".
Youtube | Die "Demo für alle" verbeitet inzwischen ein Video von der Rede Marcels, für die er viel Applaus erhielt
Bis in dieser Gemeinschaft der Richtige dabei ist und die große Liebe ausbricht. Da bin ich mal gespannt, wie man dann dagegen kämpft und wie erfolgreich und schmerzhaft dieser Kampf dann wird. Viel Spaß wünsch ich da ganz sicher nicht aber der Liebe wünsch ich einen schnellen Erfolg :)