"Viel Applaus und Zustimmung" habe Birgt Kelle erhalten, vermerkt die CDU Rems-Murr zu einem Auftritt der homophoben Autorin auf ihrer Facebook-Seite
Die CDU Rems-Murr lud am Freitag nicht nur Birgit Kelle ein, sondern beschloss auch mehrere homofeindliche Anträge. Sie steht damit nicht allein.
Von Norbert Blech
Fünf Monate vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg positioniert sich das rechte und konservative Lager zunehmend homophob. Während die AfD an diesem Wochenende ein Wahlprogramm verabschieden will, das eine positive Behandlung sexueller Vielfalt in Schulen und Medien verbieten möchte (queer.de berichtete), gibt sich auch die CDU im Ländle als Kämpferin gegen die LGBT-Emanzipation.
So hat der Kreisverband Rems-Murr beim Parteitag am letzten Freitag zwei Anträge der Jungen Union beschlossen, berichtet die "Waiblinger Kreiszeitung". In einem Antrag wird der Aktionsplan "Für Akzeptanz und gleiche Rechte Baden-Württemberg" abgelehnt: "Der Staat darf nicht das Denken der Bürger bestimmen", heißt es in dem Antrag, der auch in anderen Kreisverbänden die Runde macht. "Wer den Bürgern vorschreiben will, wie sie über sexuelle Lebensweisen zu denken haben, greift in individuelle Gewissens- und Meinungsfreiheit ein."
Abgelehnt wird auch "Gender-Forschung", die einen "von staatlicher Unterstützung getragenen Aufschwung" erlebe, "wobei sie im gleichen Maße das Kriterium der Wissenschaftlichkeit" erfülle "wie die kreationistische Lehre, die Astrologie oder die Alchemie, die auch nicht öffentlich gefördert werden".
Kelle und CDU: Wehren mit der "Demo für alle"
Der Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer trat am Folgetag zusammen mit der homophoben Buchautorin Birgit Kelle auf – das CDU-Mitglied sprach auf Einladung der CDU Rems-Murr in Schorndorf-Oferberken (queer.de berichtete). Dort kritisierte Kelle ein "Conchita-Wurst-Fieber" und einen Sexualkundeunterricht, der ein "Umsetzungsinstrument" des Gender Mainstreamings sei: "Es ist die Rückkehr der Pädophilen, die wir gerade erleben."
Wie die "Waiblinger Kreiszeitung" festhält, sagte Birgit Kelle unter Applaus der rund 250 Zuhörer: "Ehe für alle und Adoptionsrecht für Homosexuelle, das halte ich für falsch." Diese Ziele würden "Ehe und Elternschaft in Frage" stellen, auch könnten Schwule "niemals eine gute Mutter sein." Es sei "undenkbar" für sie, "wenn diese Bewegung weiterläuft".
Kelle lobte zudem die "Demo für alle", die vorletzten Sonntag rund 5.000 Menschen in Stuttgart auf die Straßen gebracht hatte (queer.de berichtete). "Es müssen noch mehr werden", so die rechtspopulistische Autorin. "Wir haben gerade erst angefangen, uns zu wehren, und es hat gerade angefangen, Spaß zu machen."
Kelles Werbung für die "Demo für alle" ist dabei kein Zufall: Der evangelische Arbeitskreis der CDU Rems-Murr gehört seit langem dem Protestbündnis an; der Vorsitzende der örtlichen Jungen Union, Christian Steck, trat gar auf der letzten Demo auf und behauptete dort, dass es "viele homosexuelle Männer und Frauen" gebe, "die öffentlich vor der Zerstörung der Familie und der genderindoktrinierten Umerziehung unserer Kinder warnen, die die Intoleranz der Gender-Kampagne kritisieren und die ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ablehnen".
Auch Stuttgarter CDU gegen Aktionsplan
Der Kreisverband Rems-Murr steht mit seiner aktiven Homophobie nicht alleine: Mehrere evangelische Arbeitskreise der CDU im Ländle hatten die "Demo für alle" unterstützt, darunter auch der Arbeitskreis der CDU Stuttgart.
Der Stuttgarter Kreisverband selbst, der vom schwulen Bundestagsabgeordneten Stefan Kaufmann angeführt wird, hatte bereits im Juli einen Antrag gegen den Aktionsplan der Landesregierung verabschiedet – wie kath.net damals berichtete, ohne Gegenstimme bei nur zwei Enthaltungen. Er enthält die gleichen Formulierungen, die auch in Rems-Murr beschlossen wurden, etwa den Satz, der Staat dürfe Bürgern nicht vorschreiben, "wie sie über sexuelle Lebensweisen zu denken haben".
Ein "starres Einfordern einer Akzeptanz von sexueller Vielfalt" stelle zudem die Religionsfreiheit in Frage, heißt es weiter in dem Antrag. Er kritisiert, dass "die Themen 'sexuelle Orientierung' und 'geschlechtliche Identität'" an den Schulen zwingend thematisiert würden; hier sei "das vorrangige Erziehungsrecht der Eltern gerade in diesem sensiblen Bereich zu respektieren".
Der Aktionsplan sei "ein Angriff auf die Familie" und vertiefe "die aufgerissenen Gräben in der Gesellschaft letztlich mehr, als dass er den Respekt gegenüber allen Menschen fördert", so der Antrag weiter.
Ein weiterer Bericht zu Verbindungen zwischen der "Demo für alle" und der baden-württembergischen CDU auf Landesebene folgt.
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