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Niederlage für LGBT-Aktivisten
Italien: Gericht erklärt gleichgeschlechtliche Ehen für ungültig

In Italien werden keine gleichgeschlechtlichen Ehen mehr anerkannt
- 28. Oktober 2015, 10:49h 2 Min.
Mehrere Bürgermeister hatten im Ausland geschlossene Ehen von Schwulen und Lesben anerkannt. Ein erzkatholischer Richter macht damit jetzt Schluss.
Die oberste Rechtsinstanz in Italien hat am Dienstag die Registrierung von im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen für ungültig erklärt. Anlass für das Urteil war, dass mehrere Städte, darunter Bologna, Mailand und Rom, entsprechende Ehe von schwulen und lesbischen Paaren anerkannt hatten (queer.de berichtete). Das Gericht erklärte aber, dass das italienische Recht gleichgeschlechtliche Ehen nicht vorsehe.
Mit der Entscheidung widersprach der Staatsrat ("Consiglio di Stato") unter anderem einem Berufungsgericht in Neapel, das die Stadtverwaltung im Juli angewiesen hatte, die Ehe von zwei Französinnen anzuerkennen (queer.de berichtete). Alle Paare, deren Ehen jetzt annulliert werden müssen, verlieren nach dem Urteil viele Rechte, beispielsweise bei der Krankenversicherung oder im Erbrecht.
Der italienische Innenminister Angelino Alfano, ein erklärter Gegner von LGBT-Rechten, hat die Entscheidung des Gerichts begrüßt. Man müsse einen gesetzestreuen Standpunkt vertreten, auch wenn das zu "Kontroversen, manchmal auch zu Aggressionen" führe, sagte der Politiker der konservativen Partei "Neue rechte Mitte" (NCD) laut AFP. "Lassen Sie mich deutlich werden: Die Ehe zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Menschen gibt es unter italienischem Gesetz nicht, daher ist die Anerkennung einer solchen Ehe illegal."
Richter macht auf sozialen Netzwerken Stimmung gegen LGBT-Rechte

So präsentiert sich Richter Carlo Deodato auf seiner Twitter-Seite
LGBT-Aktivisten und Politiker von linksgerichteten und liberalen Parteien kritisierten die Entscheidung des Gerichts. Besonders bemängelten sie, dass der verantwortliche Richter Carlo Deodato voreingenommen sei, da er Politik und seinen katholischen Glauben vermische. So beschreibt sich Deodato auf sozialen Netzwerken als "Richter, katholisch" und rief beispielsweise zur Unterzeichnung einer Petition auf, die verhindern soll, dass an italienischen Schulen über LGBT-Themen gesprochen wird. Außerdem forderte er unter dem Hashtag #Resistenza zum "Widerstand" gegen die gleichgeschlechtliche Ehe auf.
Franco Grillini, ein LGBT-Aktivist und früherer Parlamentsabgeordneter, erklärte in einer ersten Reaktion, dass die Parteien rechts der Mitte in Italien vorurteilsbeladener seien als alle europäischen Schwesterparteien. Der liberale Politiker Benedetto Della Vedova erklärte, die Entscheidung sei "ein Sieg für niemanden und eine Niederlage für alle". Der Staatssekretär im italienischen Außenministerium meinte, "dass Italien, wenn es um Homo-Rechte geht, noch ganz am Anfang" stehe.
In Italien wird seit Monaten über die Einführung von eingetragenen Lebenspartnerschaften debattiert. Die meisten Parteien der Mitte-Links-Koalitionsregierung von Ministerpräsident Matteo Renzi unterstützen diesen Kurs, es gibt aber insbesondere Widerstand von der NCD und bei katholischen Politikern von Renzis sozialdemokratischer PD.
Bereits 2007 war die damalige Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Romano Prodi mit dem Vorhaben gescheitert, gleichgeschlechtliche Paare anzuerkennen. Grund war damals der Widerstand des kleinen katholischen Koalitionspartners UDEUR (queer.de berichtete). (dk)













