https://queer.de/?24933
Weiterer Schritt in Richtung Gleichbehandlung
Österreich hebt Adoptionsverbot für Homo-Paare auf

Österreich ist bei der Gleichstellung im Adoptionsrecht bereits weiter als Deutschland (Bild: flickr / Caitlin Childs / by 2.0)
- 30. Oktober 2015, 11:28h 3 Min.
In der Alpenrepublik fällt eine weitere Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren. LGBT-Aktivisten fordern aber mehr.
Österreich hebt zum 1. Januar 2016 das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch Eingetragene Lebenspartner oder nicht-verpartnerte Homo-Paare auf. Das teilte das Justizministerium in Wien am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur APA mit. Demnach sei eine gesetzliche Änderung nicht notwendig, sondern das Verbot im Bürgerlichen Gesetzbuch und im "Eingetragene Partnerschaft-Gesetz" (EPG) werde nach einem entsprechenden Urteil des Verfassungsgerichtshofes von Anfang des Jahres automatisch aufgehoben. Das Ministerium betonte, dass ohnehin jede Adoption individuell geprüft werde.
Der Verfassungsgerichtshof hatte im Januar das Adoptionsverbot für Homo-Paare für verfassungswidrig erklärt (queer.de berichtete). Die Höchstrichter hatten damals argumentiert, dass die Schlechterstellung von Homosexuellen gegen das Diskriminierungsverbot verstoße. Es gebe "keine sachliche Rechtfertigung" für eine Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung. Vor der Entscheidung war nur die Stiefkindadoption möglich, also die Adoption des leiblichen Kindes eines Lebenspartners durch den anderen. Dies war 2013 nach einer Rüge durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gegen den erbitterten Widerstand der katholischen Kirche eingeführt worden (queer.de berichtete).
Grüne: Ehe für alle öffnen
LGBT-Aktivisten und Oppositionspolitiker kritisierten, dass die bloße Aufhebung dieses Teilgesetzes nicht ausreiche. "Zahllose Diskriminierungen wurden mittels Gerichtsverfahren schon zu Fall gebracht, zahllose Diskriminierungen sind immer noch im holprigsten Gesetz der Republik, nämlich im Gesetz zur Eingetragen Partnerschaft, vorhanden. Die gehören ein für alle mal beseitigt und die Ehe für alle geöffnet", erklärte Bundesrat Marco Schreuder, der Chef der LGBT-Parteiorganisation Grüne Andersrum. Er fordert die Große Koalition aus sozialdemokratischer SPÖ und christlich-sozialer ÖVP dazu auf, künftig nicht mehr nur auf Gerichtsurteile zu reagieren. Außerdem erinnert er daran, dass bereits vor über einem Jahr drei Minister der bislang eher homo-kritischen ÖVP eine freie Abstimmung in Aussicht gestellt hatten (queer.de berichtete).
In Österreich war 2010 das Gesetz zu Eingetragenen Partnerschaften in Kraft getreten, das sich am deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz orientiert. Auch in Österreich versuchte der Gesetzgeber auf Druck der konservativen Seite, Homo-Paare in verschiedenen Bereichen schlechter zu stellen als heterosexuelle Ehe-Paare. Viele von diesen Unterschieden wurden ähnlich wie in Deutschland inzwischen von Gerichten als offene Diskriminierung gekippt.
45 rechtliche Unterschiede zwischen Homo- und Hetero-Partnerschaften
In Österreich existieren laut der LGBT-Organisation Rechtskomittee Lambda weiter noch 45 Unterschiede zwischen Ehe und Eingetragener Partnerschaft. Dazu zählt unter anderem, dass sich Homo-Paare nicht in Standesämtern verpartnern dürfen, sondern auf Bezirksverwaltungsbehörden ausweichen müssen, in denen beispielsweise Führerscheine ausgestellt werden. Auch gegen dieses Verbot läuft bereits eine Klage (queer.de berichtete). Außerdem erhalten Homo-Paare offiziell keinen "Familiennamen" wie Heterosexuelle, sondern nur einen "Nachnamen".
In Deutschland ist eingetragenen Lebenspartnerschaften die gemeinsame Volladoption heute noch verboten. Allerdings ist schwulen und lesbischen Paaren seit 2013 der bürokratischere Weg der Sukzessivadoption möglich, also der Adoption eines vom Lebenspartner bereits adoptierten Kindes – auch diese Änderung setzte die Regierung nicht freiwillig um, sondern nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (queer.de berichtete). Ein weiterer Punkt, in dem österreichische Homosexuelle bessergestellt sind als deutsche, ist die künstliche Befruchtung: Der Nationalrat entschied Anfang des Jahres, dass Lesben Zugang zu In-Vitro-Fertilisation erhalten müssen (queer.de berichtete). Auch diese Entscheidung erfolgte nur, nachdem der Verfassungsgerichthof das alte Recht für diskriminierend erklärt hatte. (dk)













