In einem TV-Werbespot warnten die LGBT-Gegner, dass sich "registrierte Sexualstraftäter" als Transsexuelle ausgeben und so in öffentlichen Toiletten Mädchen missbrauchen würden
Mit einer transphoben Kampagne konnten die Gegner einer LGBT-Verordnung in Houston einen Sieg einfahren, obwohl die liberale Stadt seit 2010 von einer lesbischen Bürgermeisterin regiert wird.
Bei einem Volksentscheid hat die bevölkerungsreichste texanische Stadt Houston am Dienstag eine Antidiskriminierungsverordnung für Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle gekippt. Nach Auszählung der meisten Stimmen sprachen sich im Referendum "Proposition 1" 62 Prozent der Wähler gegen die Houston Equal Rights Ordinance (HERO) aus, nur 38 Prozent stimmten dafür.
Die Richtlinie war im Mai 2014 im Stadtrat mit elf zu sechs Stimmen verabschiedet worden und untersagt die Diskriminierung von LGBT im Arbeits- und Zivilrecht. Sie enthält damit den selben Diskriminierungsschutz, den das Bundesrecht aufgrund der Merkmale Rasse, Geschlecht oder Religion gewährt. Schutz aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität gewähren allerdings nur weniger als die Hälfte der US-Bundesstaaten – und das konservative Texas gehört nicht dazu.
"Proposition 1" war möglich geworden, nachdem nach einer Initiative von Pfarrern genug Unterschriften für einen Volksentscheid gesammelt worden waren. Der aggressive Wahlkampf der Gleichbehandlungsgegner machte die lokale Entscheidung zu einem nationalen Thema, in dem unter anderem Schauspieler wie Matt Bomer und Sally Field oder Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton für ein Ja zum Diskriminierungsschutz warben.
Aggressive Kampagne der LGBT-Gegner
Der Wahlkampf der LGBT-Gegner war geschickt eingeleitet worden: Zunächst erklärten Pfarrer, dass HERO ihnen einen Maulkorb verpassen würde und sie nicht mehr die "biblische Wahrheit" über Homosexualität verbreiten könnten. Erfolgreich war aber vor allem die Darstellung von Transsexuellen als Sexualstraftäter: Ein 30-sekündiger Werbespot, der insbesondere zur besten Sendezeit während der Lokalnachrichten ausgestrahlt wurde, zeigte einen Mann, der in eine öffentliche Toilette geht, offenbar um ein junges Mädchen sexuell zu belästigen.
In Reden der LGBT-Gegner wurde HERO damit zur "Toiletten-Verordnung", mit der Vergewaltiger, solange sie sich als transsexuell bezeichnen, einen Freischein für die sexuelle Belästigung von Mädchen und Frauen erhielten. Dieses Argument wurde sogar vom Gouverneur von Texas, dem Republikaner Greg Abbott, genutzt. Er hatte am Montag getweetet: "Houston: Wählen Sie texanische Werte, nicht @HillaryClinton-Werte. Kreuzen Sie 'Nein' bei Proposition 1 an. Keine Männer in Frauentoiletten."
Youtube | Erfolgreicher Werbespot: Den Wählern von Houston wurde vorgegaukelt, dass LGBT-Diskriminierungsschutz in Wirklichkeit ein Freibrief für Sexualstraftäter sei
Reagiert die NFL?
Annise Parker gewann im Dezember 2009 erstmals die OB-Wahl und wurde so zur ersten lesbischen Oberbürgermeisterin in einer amerikanischen Millionenstadt (Bild: Zblume / PD)
Dabei ist die Millionenstadt Houston im konservativen Texas eigentlich eine linksliberale Hochburg: Seit 2010 regiert die lesbische Oberbürgermeisterin Annise Parker von der Demokraten und wurde bereits zwei Mal wiedergewählt. Die 59-Jährige gilt als Verfechterin der Verordnung und warnte im Vorfeld der Abstimmung davor, dass eine Ablehnung negative Konsequenzen für die Stadt haben könnte. "Ich befürchte, dass es eine direkte wirtschaftliche Gegenreaktion geben wird." So könnte die National Football League (NFL) 2017 das Sportevent "Super Bowl" wieder aus Houston abziehen und in eine LGBT-freundliche Stadt verlegen. Erschwerend kam hinzu, dass der Besitzer des Footballteams Houston Texans die LGBT-Diskriminierung ebenfalls wieder erlauben wollte und für die "Nein"-Kampagne spendete (queer.de berichtete).
Nach ihren Sieg feierten die LGBT-Gegner ausgelassen mit Vize-Gouverneur Dan Patrick, der sich über die Strategie der Gegenseite lustig machte: "Die Unterstützer dieser Proposition brachten Filmstars und die Elite aus Washington D.C. und Hollywood nach Texas, um ihre verdrehte Agenda den guten Bürgern von Texas aufzuzwingen", sagte er in einer umjubelten Rede. "Das hat nicht funktioniert und die Befürworter dieses absurden Gesetzes wissen, dass die Wähler in Houston diesen liberalen Nonsens nicht mitmachen."
Unterdessen leckte die Bürgermeisterin ihre Wunden: "Das war eine Kampagne, die auf Angstmacherei und auf Lügen aufgebaut war. Die Grundrechte von Minderheiten sollten nicht von Volksentscheiden abhängig sein." (dk)
Youtube | Weiterer Werbespot, in dem vor Männern in der Damen-Umkleide gewarnt wird
Es gab schließlich auch mal Bundesstaaten, die die Eheöffnung verboten hatten und dank der Bundesgesetzgebung ist es jetzt überall Realität.
Genauso muss es jetzt sehr bald einen US-weiten Diskriminierungsschutz geben, der solche Gesetze wirkungslos macht.