Der Mormonentempel in Salt Lake City ist das wichtigste Gebäude der Glaubensgemeinschaft (Bild: flickr / Ken Lund / by 2.0)
Die amerikanische Glaubensgemeinschaft zieht die Daumenschrauben gegen Schwule und Lesben an: Nun geht die Kirche sogar gegen Kinder aus Regenbogenfamilien vor.
In ihren neuen Glaubensrichtlinien bezeichnen die Mormonen verheiratete gleichgeschlechtliche Paare und deren Kinder als "Abtrünnige", die in der Kirche nicht willkommen seien. Die Führung der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage" hatte das bindende "Mormon Handbook", das diese Änderungen enthält, an Kirchenbüros in aller Welt verschickt.
Laut David Todd Christoferson, der als einer der zwölf "Apostel" dem Führungszirkel der Kirche angehört, sind die neuen Richtlinien eine Reaktion auf die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben in den USA: "Wir mussten aufzeigen, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem, was rechtlich erlaubt ist, und dem, was die Kirche und Gott als Gesetze vorgeben", so Christoferson. Die Kirche wolle klarstellen, "was richtig und was falsch" sei.
In den neuen Richtlinien heißt es, dass eine gleichgeschlechtliche Ehe und die aktive Mitgliedschaft in der Mormonenkirche grundsätzlich nicht möglich seien. Bislang hatte die Kirche zwar Homosexualität verurteilt, ein Ausschluss eines schwulen oder lesbischen Mitglieds musste aber beantragt werden und hing von der Toleranz der zuständigen Kirchengemeinde ab. Ab sofort sollen verheiratete Homo-Paare ausdrücklich als "Abtrünnige" gebrandmarkt werden.
Mormonen: Kinder müssen sich von homosexuellen Eltern distanzieren
Am Wochenende kritisierten LGBT-Aktivisten und liberale Mormonen insbesondere, dass die Kirche auch Kinder aus Regenbogenfamilien bestrafen will: Sie dürfen fortan nicht mehr – wie in Mormonenfamilien üblich – als Babys gesegnet und im Grundschulalter getauft werden. Stattdessen wird ihnen nun angeboten, im Alter von 18 Jahren der Kirche beizutreten, allerdings müssen sie dafür aus dem Haushalt ihrer Eltern ausziehen und sich in der Öffentlichkeit von ihrer Familie und dem Konzept der gleichgeschlechtlichen Ehe distanzieren.
Die Mormonenkirche engagiert sich seit Jahren gegen die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben. Der größte politische Erfolg war die Unterstützung des Volksentscheids "Proposition 8" im Jahr 2008, der die vorläufige Abschaffung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Kalifornien zur Folge hatte (queer.de berichtete). Mormonen investierten dabei Millionen von Dollar in den Wahlkampf. Das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben wurde schließlich rund fünf Jahre später vom US Supreme Court aufgehoben (queer.de berichtete).
Insgesamt gehören der 1830 gegründeten Kirche weltweit rund 15 Millionen Menschen an, davon rund die Hälfte in den Vereinigten Staaten. Im US-Bundesstaat Utah stellt sie die Bevölkerungsmehrheit und beeinflusst die Politik entscheidend mit. Die Mormonen berufen sich sowohl auf die Bibel als auch auf das "Buch Mormon", das die Geschichte des auserwählten Volkes von Israel nach Nordamerika verlagert. Eines ihrer traditionellen Hauptmerkmale war die Unterstützung von Polygamie, von der sich die Kirche aber heute offiziell distanziert.
Trotz des Einflusses der Kirche wurde vergangene Woche eine lesbische Frau in Salt Lake City, dem Hauptsitz der Mormonen, zur Oberbürgermeisterin gewählt: Die Demokratin Jackie Biskupski erreichte vorläufigen Zahlen zufolge 52 Prozent der Stimmen (queer.de berichtete). (dk)